Michael Hesemann, Historiker und Autor
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Martin Luther jenseits protestantischer Apologetik und Hagiographie

Von Dr. h.c. Michael Hesemann
 
Bekanntlich lehnt der Protestantismus die Heiligenverehrung ab. Aus den reformierten Kirchen wurden die Statuen der Heiligen und Märtyrer, der Kirchenlehrer und der Apostel, ja sogar der Gottesmutter entfernt. Unter dem Motto „sola scriptura“ hat ohnehin nur Geltung, was in der Heiligen Schrift steht, womit man gleich rund 1500 Jahre Kirchengeschichte und theologische Tradition, Konzilsbeschlüsse und Dogmatik ausklammert. Wenn eine Person dagegen für den „evangelischen“ Christen die Rolle eines Kirchenlehrers und eines Vorbilds im Glauben und damit gewissermaßen eines Heiligen angenommen hat, dann ist es die Gestalt des Martin Luther.

So wird Luther standesgemäß nicht etwa, wie zum Beispiel 2008/8 der Völkerapostel Paulus, bloß mit einem bescheidenen Gedenkjahr gewürdigt. Nein, eine ganze Lutherdekade muss her, denn, so die offizielle homepage „Luther 2017“ der EKD, 
„Ein Ereignis, das thematisch und strukturell so komplex ist, wie das 500-jährige Reformationsjubiläum, will gut vorbereitet sein und bedarf einer entsprechenden Vorlaufzeit. Zur angemessenen Vorbereitung und Hinführung auf das Jubiläumsjahr 2017 wurde deshalb die Lutherdekade ins Leben gerufen.
Die Lutherdekade lädt von 2008 bis 2017 mit vielfältigen Veranstaltungen und Reiseangeboten zur Spurensuche an Originalschauplätzen der Reformation ein. Landesweit widmen sich Ausstellungen, Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen den verschiedenen Aspekten der Reformation. Historische Stadtfeste, Sommertheater und Festivals hingegen zeigen, dass die Lutherdekade ein Grund zum Feiern ist.“[1]

Tatsächlich schildert die protestantische Hagiographie Luther als regelrechte Jahrtausendfigur von fast übermenschlicher Größe. Sein Berufungserlebnis während eines Gewitters, das asketische Mönchsleben, die steile Karriere als Theologieprofessor, der es wagte, Rom und dem Papsttum zu trotzen, der ikonographische Thesenanschlag zu Wittenberg, die Verbrennung der Bannandrohungsbulle, die Reichsacht durch das Wormser Edikt, die Flucht auf die Wartburg, wo er dem Teufel trotzte und die Bibel ins Deutsche übersetzte, was, so die EKD, „die Entwicklung der deutschen Sprache“ maßgeblich beeinflusste, Heirat, Vaterfreuden und Bildersturm. Über allem schwebend als geradezu prophetisches Motto sein „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“: Heroisch und ungebrochen, prinzipientreu und nur Gott und seinem Gewissen verpflichtet, ein wahrhaft deutscher Held.

Doch war er das wirklich? War seine Ausgangsmotivation allein die Suche nach der Wahrheit, die Sehnsucht nach einem gnädigen Gott, die auch Papst Benedikt XVI. ihm bei seinem Besuch in Erfurt 2011 zugute hielt?[2] Können auch wir als Katholiken von Luther lernen, wie es Kardinal Walter Kasper[3] forderte? Kann er uns also als „Lehrer im Glauben“ dienen, wie auch Kardinal Karl Lehmann[4] behauptete? War seine Reformation tatsächlich ein Segen für die Kirche in Deutschland und der Welt? Kurzum: Gibt es einen guten Grund, ihn zu feiern, nicht nur ein Jahr, sondern eine ganze Dekade lang?

Kein Zweifel: Jede pauschale Dämonisierung Luthers und des Protestantismus würde den fruchtbaren ökumenischen Dialog stören, den die katholische Kirche seit Jahrzehnten mit den Protestanten führt und wäre schon daher auch kirchenpolitisch unerwünscht. Ohne Frage hat die Christenheit Martin Luther wichtige Impulse zu verdanken, schon weil seine Reformation Auslöser der Gegenreformation, jener segensreichen Selbstreinigung der Kirche war. Auch die Liturgie in der Volkssprache, die Verbreitung der Heiligen Schrift beim Volk und eine ganze Tradition christlichen Liedgutes gehen auf Impulse Martin Luthers zurück. Aber eben auch eine Radikalisierung des christlichen Antijudaismus, des Hexenwahns, die anfangs ungewollte Kirchenspaltung, die Bauernkriege, die Spaltung Deutschlands bis hin zum verheerenden Dreißigjährigen Krieg, eine  Entsakramentalisierung seiner Gemeinschaften, ein Schnitt durch die Nabelschnur der Tradition, eine anachronistische Theologie und dann, nach der Entsorgung der Exegese durch die Kirchenväter als Folge des „sola scriptura“-Wahns, als Nachwirkung die historisch-kritische Exegese und damit die Verstümmelung der Heiligen Schrift im Prokrustes-Bett des Rationalismus: Alles, was vom Wirken Gottes in der Geschichte zeugt, wird dabei bestritten, es bleibt nur eine zeitgeistkonforme Gutmenschenethik und der König des Universums wird zum gescheiterten Wanderprediger degradiert. Wie wenig der Protestantismus dabei die Herzen seiner Gläubigen erreichte, das zeigt die Entwicklung nach einem halben Jahrhundert kommunistischer Herrschaft in Osteuropa. Dort, wo die Menschen vor der Machtergreifung der Kommunisten orthodox oder katholisch waren, fanden sie nach dem Fall der roten Diktaturen wieder in Massen zum Glauben zurück, finden wir heute die strahlendsten Beispiele erneuerter Frömmigkeit: etwa in Polen und Ungarn, in Russland und der Slowakei. Dort, wo die Menschen zuvor protestantisch waren, in der DDR wie in Tschechien, ließ man sich mühelos zum Atheisten umschulen und ist dies noch heute. Auch die heutige Misere der Evangelisch-lutherischen Gemeinschaft in Deutschland zeugt nicht gerade vom Segen Gottes. Wo eine Frau Käßmann zeitgeistkonforme Gutmenschenparolen als Theologie verkauft, eine Frau Göring-Eckart aus grünen evangelische und aus evangelischen grüne Parolen fabriziert und wo eine rheinische Landeskirche die Homo-„Ehe“ propagiert und praktiziert, glänzt der Heilige Geist ganz offenbar durch Abwesenheit.

Nun mahnt uns der Herr im Matthäus-Evangelium, achtsam zu sein und keinen falschen Propheten auf den Leim zu gehen. Von „falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind“, ist da die Rede und vom Rat des Herrn: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ Dabei ist selbst die Berufung auf Ihn kein Kriterium: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist.“ (Mt 7,15-23), und so sind wir als Christen aufgerufen, unkritischen Personenkult auch von Menschen, die sich selbst wie Glaubenslehrer gerieren, zu vermeiden. Die Kirche tut gut daran, selbst noch so fromme Menschen vor einer Verehrung zunächst gründlich zu untersuchen, in einem Selig- oder Heiligsprechungsprozess, der in der Regel viele Jahre, oft Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte dauert. Darum muss auch vor einer Quasi-Kanonisierung Martin Luthers zum „Lehrer im Glauben“ (Kardinal Lehmann) dringend gewarnt werden. Zunächst einmal muss auch seine Lebensführung und muss sein Gesamtwerk einer gründlichen Prüfung unterzogen werden. Dabei gab es vor der Reform des Heiligsprechungsverfahrens durch Papst Johannes Paul II. den Promotor Fidei, umgangssprachlich „Advocatus diaboli“ genannt, dessen Aufgabe es war, kritische Einwände gegen die Kanonisierung einer Person zu sammeln und vorzutragen. Diese Aufgabe möchte ich heute einmal in Sachen Luther übernehmen. Dabei befürworte ich ausdrücklich jeden ökumenischen Dialog. Die Frage ist nur, ob eine Würdigung der Person Luthers dabei der richtige Weg ist oder ob es sinnvoller wäre, Luther als Hindernis gemeinsam zu überwinden. Dabei spricht einiges dafür, dass Luthers Leben der eigentliche Schlüssel zum Verständnis seiner Lehren und Schriften ist.

Wer also war Dr. Martin Luther und wie wurde er zum Reformator?

Wenn wir dem wahren Luther auf den Grund gehen wollen, müssen wir seine Biographie kritisch lesen, denn vieles, was heute als gegeben gilt, ist tatsächlich das Produkt lutherischer Selbststilisierung und protestantischer Legendenbildung. Selbst in seinem knappesten Selbstzeugnis finden wir Halbwahrheiten, wenn er von sich sagte:
„Ich bekenne, dass ich Sohn eines Bauern bin, bin dennoch Doktor der Heiligen Schrift, des Papstes Feind.“[5] Denn einen solch steilen sozialen Aufstieg, wie er ihn hier behauptet, hat er dann doch nicht hingelegt. Luthers Vater stammte zwar aus einer bäuerlichen Familie[6], hatte es aber im Kupferbergbau als Mineneigner und  Hüttenteilhaber zu einem nicht unbeachtlichen Vermögen gebracht und war Ratsherr seiner Heimatstadt Eisleben. So kann man seinen Vater wohl als sozialen Aufsteiger, praktisch als „Neureichen“ bezeichnen, der alles daran setzte, seine neu erworbene soziale Stellung zu festigen und seinen Söhnen eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Der Familienname wird in den zeitgenössischen Chroniken als Lotter oder Luder wiedergegeben, was erklärt, weshalb Martin Luther sich ab 1512 für eine ganz neue Schreibweise entschied, die er auf Herzog Leutheri II. und das griechische Wort „eleutherios“ („der Freie“) zurückführte.[7] Denn als „Luder“ galt im Mittelalter zunächst ein totes Tier, das etwa in der Falknerei zum Anlocken von Raubvögeln verwendet wurde. Daraus entstand der Begriff „dem Teufel sein Luder“, der für jede Form der Verführung zur Wollust stand. Verständlich also, dass Luther seinen Gegnern keine solche Steilvorlage liefern wollte.[8] Eine Ironie der Geschichte übrigens, dass er gerade auf jenen Heiligen getauft wurde, dessen Mantelteilung wir noch heute als Tat der Nächstenliebe feiern, wo er doch gerechte Werke jeder Art später als unchristlich ablehnte und eben deshalb das unteilbare Gewand Christi teilte, die Kirche spaltete. 

Anlass heftiger Kontroversen war die Frage, was Hans Luder, Luthers Vater also, veranlasst hat, das väterliche Erbe in Möhra zu verlassen und nach Eisleben zu gehen. Luther-Hagiografen behaupten, nach dem Thüringer Erbrecht sei der Hof der Eltern nicht an den ältesten, also an Hans Luder, sondern an den jüngsten Sohn gefallen. Dabei gibt es keinerlei zeitgenössischen juristischen Quellen, die eine solche Annahme rechtfertigen, wie  Dietrich Emme[9] nachwies. Luthers Vater war Erbe des väterlichen Hofes. So behaupteten G. Witzel[10] und K. Luther[11] – ein Nachkomme des Luder-Clans -, Hans Luder habe vielmehr „im Jährzorne einen Bauern, der ihm im Grase hütete, mit seinem eigenen Pferdezaum erschlagen“ und sei daher bei Nacht und Nebel, alles Hab und Gut zurücklassend, nach Eisleben geflohen. Dieses Ereignis könnte auch Luthers Kindheit überschattet haben. Denn obwohl sein Vater sich redlich bemühte und es ihm auch gelang, in der neuen Heimat ein angesehener Bürger zu werden, könnte dieses Trauma doch die Stimmung im Elternhaus überschattet haben. So erinnerte sich der spätere Reformator an einen Liedvers, den er immer wieder aus dem Mund der Eltern vernommen hatte: „Mir und dir ist keiner hold, das ist unser beider Schuld.“[12]

Unbestritten auch von Luther selbst sind der Jähzorn und die Brutalität beider Eltern. So berichtete er in einer 1532 gehaltenen Tischrede: „Meine Eltern haben mich in strengster Ordnung gehalten, bis zur Verschüchterung. Meine Mutter stäupte mich (d.h. schlug mit dem Rohrstock) um einer einzigen Nuss willen bis zum Blutvergießen … mein Vater stäupte mich einmal so sehr, dass ich vor ihm floh und dass ihm bange war, bis er mich wieder zu sich gewöhnt hatte.“[13] Einmal sei er sogar in ein Kloster geflohen, um sich vor den brutalen Eltern zu verstecken, die sein „allzu erschrockenes Gemüt“ nicht verstanden hätten.[14]

Jedenfalls brachte Luthers Vater es zu bürgerlichem Wohlstand; bei seinem Tod hinterließ er jedenfalls ein Vermögen von 1250 Gulden, dem Wert zweier großer Bauernhöfe.[15] Natürlich galt seine besondere Aufmerksamkeit dem Ältesten seiner neun Kinder, das wohl am 10. November 1483[16] geboren und am nächsten Tag auf den Namen Martin getauft wurde. Der sollte nämlich Jura studieren und Wirtschaftsanwalt werden, nachdem er 1505 an der Universität Erfurt das Grundstudium mit dem Magister artium abgeschlossen hatte. Doch dann kam alles ganz anders.

Als Student galt Luther als trinkfest und rauflustig, mit Religion hatte er wenig im Sinn. Auch sein Elternhaus war nicht sonderlich gläubig, eher schon abergläubisch; als Luthers Mutter eine neugeborene Tochter verlor, glaubte sie, die Nachbarin habe diese verflucht. Als die Frau bald darauf erschlagen wurde, frohlockte sie: endlich habe der Teufel die Hexe geholt.[17] Auch die Geschichte von Luthers Bekehrung belegt eher seinen Aberglauben als seinen Glauben – wenn sie sich denn überhaupt so zugetragen hat.

Danach war der 2. Juli 1505 der Wendetag in Luthers Leben. Auf der Rückreise von einem Besuch bei seinen Eltern, so heißt es, sei er kurz vor Erfurt von einem schweren Gewitter überrascht worden. Als in seiner Nähe ein Blitz einschlug, habe er die Mutter Mariens und Patronin der Bergleute angefleht: „Hilf, heilige Anna, ich will Mönch werden!“ Sehr zum Verdruss des Vaters habe er dieses Gelübde zwei Wochen später eingelöst und sei in das Erfurter Augustinerkloster eingetreten.[18] Doch ist das wirklich plausibel? Reicht ein einfaches Gewitter aus, um zu einer religiösen Berufung zu finden? Selbst Luther-Hagiografen wie der Tübinger Theologe Veit-Jakobus Dieterich, räumen ein: „Es mag nicht nur das Gewitter gewesen sein. Die ganze Lebensphase ist nicht einfach.“[19]

Wie gesagt war Luther ein eher lebenslustiger Student. Er selbst gestand 1505 in einem Brief an seinen damaligen Beichtvater Braun: „Durch Völlerei und Trunkenheit gehindert, dürfte ich bisher sehr wenig Gutes geschrieben oder gelesen haben, da ich bei den Menschen angesiedelt, mit den Menschen herumgewirbelt habe“[20]. Wenn er ganz Erfurt einmal „ein hurhauß und birhauß“, also ein Huren- und Bierhaus nannte, meinte er damit nicht nur die anderen.[21] Sein Kommilitone und späterer Gegner H. Emser hielt ihm vor: „Was meinst du wohl, daß mir von deinen eigenen Schandtaten zu Ohren gekommen ist?“[22] H. Dungersheim, Professor in Leipzig und ein weiterer späterer Luther-Gegner, klagte ihn an: „Also hott dich deyn buben leben verblendet/ dastu selber nicht weyst was du lallst.“ Er sei „in büberey (Hurerei und Sauferei) gar ersuffen“, habe sogar eine Geliebte und uneheliche Kinder gehabt, wobei es sich natürlich um üble Nachrede handeln kann.[23] Doch seinem späteren engsten Mitarbeiter Melanchthon gegenüber gestand Luther, dass er „ein großer, schwerer, schändlicher Sünder“ gewesen sei, der seine „Jugend auch verdammlich zugebracht und verloren habe“: Mit Wollust, Zorn, Hass und Neid, die er nie überwinden konnte.[24] Doch nicht die Reue über ein wildes Studentenleben, das damals durchaus nicht unüblich war, könnte ihn ins Kloster getrieben haben, sondern vielmehr die Angst vor Strafverfolgung, wie der Kölner Psychologe Prof. Albert Mock in einer Studie zu Luther aufzeigt, nach einem tragischen Totschlag. Schon 1503 gibt es Hinweise auf ein Duell des schnell aufbrausenden Luthers. Später behauptete dieser, er habe sich auf dem Weg von Erfurt nach Mansfeld „mit der Spitze seines Degens durch einen unglücklichen Zufall die Schlagader seines Unterschenkels verletzt“[25] und dabei einen schweren Blutverlust erlitten, was freilich praktisch unmöglich war, da der Degen stets in einer harten Lederscheide steckte. So deutet Mock diese Erklärung als reine „Nutzlüge“[26], wie sie damals gerne benutzt wurde, um die Folgen eines den Studenten strikt verbotenen Duells zu erklären. Sein siegreicher Kontrahent war wahrscheinlich sein Studienfreund Conradus Wigant, der kurz darauf die Universität verlassen musste, ohne einen akademischen Grad erworben zu haben. Luther dagegen musste „nur“ seine bisherige Unterkunft, die komfortable Studentenburse „Himmelspforte“, verlassen und wurde gerade noch von der „Georgen-Burse“ für arme Studenten aufgenommen.

Zwei Jahre später kam es zu einem noch tragischeren Vorfall. Im Anschluß an das Magisterexamen, an dem auch Luther teilnahm, starb einer der 17 Kandidaten, Hieronymus Buntz, angeblich an einer Pleuritis (Rippenfellentzündung). Der Tod des Freundes und Kommilitonen muss Luther geradezu erschüttert haben; noch Jahrzehnte später, in seinen „Tischgesprächen“, berichtete er davon, wie Buntz an „Stichen“ zugrundeging, was seine Zuhörer als Hinweis auf einen gewaltsamen Tod verstanden. Mock hält das für kein Mißverständnis, sondern ein spätes Eingeständnis, dass Buntz bei einem Streit mit dem aufbrausenden Luther von diesem selbst versehentlich mit einem Messer im Endeffekt tödlich verletzt worden war.[27] Was auf den ersten Blick verwegen klingt, gewinnt Plausibilität durch eine Reihe von weiteren Hinweisen. Tatsächlich hatte die Erfurter Universität am 3. Juli 1503 auf ihre Gerichtsbarkeit verzichtet und sich dem Erfurter Generalgericht unterstellt, das ein geistliches war. Es konnte als Strafe auch die zeitweilige oder dauerhafte Einsperrung in ein Kloster verhängen.[28] Wie auch immer ein Prozess ausgegangen wäre – mit dem Duell war Luther eidbrüchig, denn als Baccalaureus hatte er zwar das Recht, einen Degen zu tragen, musste aber schwören, diesen nie zu benutzen – und damit exkommuniziert, zudem wäre er der Universität verwiesen worden. Es läßt sich denken, wie der jähzornige Vater darauf reagiert hätte. Zudem stand auf Duelle zur Prävention solcher die Todesstrafe. So war Luthers Flucht ins Kloster der einzige Ausweg, zumal die Mönche als Beichtväter die Möglichkeit hatten, ihn zumindest durch Auflegung einer schweren Buße vom Makel der Exkommunikation zu befreien.[29] Offenbar war dieser Umstand im akademischen Millieu nicht ganz verborgen geblieben. So warf Dungersheim, als Professor in Leipzig auch über das Erfurter Universitätsgeschehen gut informiert, Luther vor, seine „Ungeschicklichkeit“ habe ihn „bis an die Pforte des Augustinerklosters zu Erfurt geleitet.“[30] Für diese Deutung spricht auch Luthers eigenes Eingeständnis aus dem Jahre 1532, das Mock zitiert: „Nach einem einzigartigen Ratschluß Gottes bin ich zum Mönch gemacht worden, damit sie mich nicht gefangennehmen. Andernfalls wäre ich nämlich sehr leicht gefasst worden. So aber konnten sie es nicht, weil sich der ganze Orden meiner annahm.“[31] Auch Luther-Worte wie „Sie wollten mir ans Krägeli“ und „ich bin ein Mönchlein widerwillen“[32] weisen darauf hin. Ähnlich in einer Predigt von 1523, in der er über seine Motive beim Eintritt in das Kloster sprach – vom Gewitter war da keine Rede mehr: „Denn ich hab nicht lust dazu von hertzen, sondern byn dazu gezwungen und muß es thun, angesehen die helle, straff oder schand…“[33] oder 1529, als er in einer Predigt frank und frei zugab „ein grosser bub et homicida fui“, also ein Spitzbub und Mörder gewesen zu sein.[34]

So ungeheuerlich die Schlußfolgerung von Mock auch klingen mag, sie erweist sich doch als der einzig logische Schlüssel zur Erklärung von Luthers Lebensmisere – dem Schritt ins Kloster ohne eine echte Berufung und ohne jede Befähigung zum Mönchtum und die verzweifelte Suche nach einem gnädigen Gott, der nicht auf unsere Taten und Werke, ob nun gut oder sündhaft, schaut.[35] Dabei ließen ihn die Mitbrüder offenbar spüren, dass er keiner von ihnen war. Glauben wir seinen eigenen Schilderungen, so wurde er regelrecht schikaniert. Man zwang ihn, niederste Arbeiten zu verrichten und hinderte ihn daran, sich wissenschaftlichen Studien zu widmen- eine Demütigung, die vielleicht als narzisstische Kränkung gewertet werden kann und zu Luthers späterem Hass auf die Kirche führte. Seinem Arzt Matthäus Ratzeberger zufolge war Luther zunächst Hausknecht des Klosters. Wörtlich: „Weil er nun am neulichsten unter den brudern ins Closter gekommen war, legete man Ihme die aller verächtlichste und schwerset buerde auf, die er durch tagliche Arbeit im auskeren und ausfegen verrichten muste und sonsten des hausknechten zu thun und zu verrichten gebuhret“[36], eine Aussage, die von Luthers Mitarbeiter Johann Mathesius bestätigt wurde.[37] Luther selbst fühlte sich von der Mehrheit der Mitbrüder geradezu gehasst. Er sei „gezwungen (worden) zu betteln, Käse zu schlagen und die Latrinen zu reinigen.“[38] Gemischt mit Luthers Egomanie, seinem Narzissmus, seinem cholerischen Temperament und seiner manisch-depressiven Erkrankung[39], wie sie Mock glaubwürdig diagnostiziert, wird dieses Trauma der Demütigung zum Funken, der zur Explosion führt.

Luthers Vater, der seinen Sohn gut kannte, ahnte, dass es bei Luthers Klostereintritt nicht mit rechten Dingen zuging. „Gott geb, dass es nicht ein Betrug und teuflisch Gespenst sey“[40], ermahnte er ihn. Luther, der zudem die Abneigung des Vaters gegen Mönche kannte, fühlte sich ertappt. „Du trafst mich wieder so geschickt und passend, dass ich in meinem ganzen Leben von einem Menschen kaum ein Wort gehört habe, das kräftiger in mir geklungen und fester gehaftet hat“[41], erwiderte er.
„Ich ward ja nicht gern und willig Mönch, sondern als ich mit Schrecken und Angst des Todes eilend umgeben, gelobte ich Gott gedrungen und gezwungen Gelübde“[42], gestand Luther. Immer wieder plagten ihn schwere Schuldgefühle. „Ich war sehr fromm im Kloster, doch immer traurig, weil ich meinte, Gott wäre mir nicht gnädig, Satan hat mich in Verzweiflung gebracht; ich wußte nicht, ob ein Gott wäre, ich verleugnete Gott ganz und gar“[43], schilderte er später seine große Seins- und Lebenskrise. Er glaubte, er sei vom Teufel besessen. Bei seiner Primiz stockte er mitten im Messkanon, rannte vom Altar weg und schrie entsetzt: „Ich bin kein Besessener!“[44] Ein anderes Mal packte ihn bei einer Fronleichnamsprozession hinter seinem Ordensoberen und Beichtvater Johann von Staupitz die nackte Angst.[45] „Ich muss Gott zürnen, ihn hassen; ich war Christus so feind, dass, wenn ich sein Gemälde oder Bildnis sah, wie er am Kreuze hing, so erschrak ich darüber und schlug die Augen nieder und hätte lieber den Teufel gesehen“, räumte er später ein.[46] Auf Luthers Ausruf „O meine Sünde, Sünde, Sünde“!“ erwiderte sein Beichtvater: „Nicht Gott zürnt dir – Du zürnst Gott!“[47] Später verhöhnte er seinen damaligen Glaubensweg: „Ich wollte lieber, dass ich wäre ein Hurenwirt oder Räuber gewesen, denn dass ich Christus fünfzehn Jahre lang mit Messelesen so geopfert und gelästert habe!“[48] – er hatte die Schuldgefühle verdrängt, aus seiner Furcht vor Christus war ein Hass auf das Messopfer geworden, das er nie würdig hatte feiern können. Seinen mönchischen Pflichten kam er immer weniger nach, während er jetzt Theologie studierte, dann 1511 nach einer Romreise nach Wittenberg versetzt wurde. Im Oktober 1512 promovierte Luther zum Doktor der Theologie, hielt jetzt Vorlesungen und wurde zudem Distriktvikar seines Ordens. „Selten bleibt mir Zeit, die Horen zu vollenden und zu zelebrieren, außerdem kommen Versuchungen mit dem Fleische, der Welt und dem Teufel“, schrieb er 1516.[49] Sein Brevier nahm er oft wochenlang nicht zur Hand.  Als er seinen Freund Spalatin, Hofprediger des Kurfürsten Friedrich, besuchte, verliebte er sich spontan in die Tochter von dessen Haushälterin. „O Spalatin, du kannst nicht glauben, wie mir dies schöne Megtiken (Mägdelein) im Herzen liegt. Ich will nicht ersterben, bis ich so viel anricht, dass ich auch ein schön Megtiken freien darf.“[50]

In diese Zeit der Überforderung, der inneren Krise und Zerrissenheit, irgendwann zwischen 1511 und 1515[51], fällt Luthers „Turmerlebnis“, die Geburtsstunde seiner Theologie. Ausgerechnet beim nächtlichen Stuhlgang - „super cloacam“ auf dem Turm, wie er selber später schrieb – was brisant ist, weil die „Kloake“ damals als Tummelplatz von Geistern, Teufeln und Dämonen galt[52] – fand er seine ganz eigene Antwort auf seine Frage nach dem „gnädigen Gott“ in Form seiner Rechtfertigungslehre. Mit Luthers Worten: Der „Glaube macht, dass unser Dreck vor Gott nicht stinkt.“[53] Für den Christen bedeutete das, wie er 1521 an Melanchthon schrieb: „Sei ein Sünder und sündige kräftig, aber vertraue noch kräftiger und freue dich in Christus, der der Sieger ist über Sünde, Tod und Welt. Wir müssen sündigen, solange wir hier sind… Es genügt, dass wir durch den Reichtum der Herrlichkeit Gottes  das Lamm, das die Sünde der Welt trägt, anerkannt haben; von ihm wird uns die Sünde nicht fortreißen, auch wenn wir tausend- und abertausendmal an einem Tag huren oder töten.“[54] Das ist, fürwahr, „die bequemste Religion der Welt“![55] Denn wer nach Luthers Lehre lebt, der braucht weder Gottes- noch Nächstenliebe, weder Reue noch Buße für seine Sünden, am allerwenigsten aber braucht er Werke der Barmherzigkeit zu verrichten, er wird ohnehin und ganz ohne eigenes Zutun – sola fide, durch den Glauben allein - erlöst. Den freien Willen des Menschen, der ihn zwischen Gut und Böse unterscheiden läßt, stellt Luther dabei ebenso infrage wie die Verantwortung des Einzelnen für seine Entscheidung und deren Folgen. Gott ist bei ihm nicht die Liebe, sondern „das Böse und das Gute“ in einer Person. Gott, so Luther, tut das Böse, um das Gute zu erreichen. Er sündigt durch den Menschen, der keinen freien Willen hat, sondern dem alles vorbestimmt ist von Gott. Daher ist der Mensch auch schuldlos und braucht weder das Beichtsakrament noch die Heiligenverehrung, da er ja keinen Fürsprecher mehr benötigt.[56] Damit hat sich Luther einen Gott geschaffen, der ihn von der Verantwortung für seine Bluttat befreit und seine Sündenschuld nicht mehr verurteilen kann – ja der sogar den Totschlag des Freundes und Kommilitonen gewollt hat. „Gott hat mein Schicksal nicht nur vorhergesehen, sondern auch vorherbestimmt“[57], war Luthers Fazit auf dem Toilettenstuhl des Klosterturmes. Damit war jede Sünde erlaubt, alles Gute aber überflüssig. „Willst Du nicht gegen das Evangelium fehlen, so hüte dich vor guten Werken… die Heilige Schrift verbietet, gute Werke zu tun.“[58] Sie seien sogar „Todsünden“.[59] Das war Luthers „Evangelische Freiheit“!

Natürlich wusste Luther, dass er mit einer solchen Lehre (noch) nicht an die Öffentlichkeit gehen konnte. So ist in Luthers nächstem Schritt eher ein Versuch zu vermuten, einen Skandal als Vorwand zu nehmen, um sich selbst der Öffentlichkeit als Retter und Reformator zu präsentieren und, wie man heute sagen würde, Sympathiepunkte zu erwerben. So gesehen war das, was vor 499 Jahren in Wittenberg geschah, mit heutigen Worten eine gelungene PR-Aktion. Doch sie fiel kleiner aus, als es der protestantische Luther-Mythos behauptet. Denn der Thesenschlag von Wittenberg, der 2017 mit einem ganzen „Lutherjahr“ gefeiert werden soll, diese Urikone des Protestantismus, hat nach Meinung einer Reihe renommierter Historiker … nie stattgefunden!

Diese Erkenntnis verdanken wir dem Kirchenhistoriker Erwin Iserloh (1915-1996), der dreierlei nachwies:
1. Es gibt nicht einen einzigen zeitgenössischen Bericht, der den angeblich so spektakulären und vielbeachteten Thesenschlag auch nur andeutungsweise erwähnt;
2.Nicht einmal Luther selbst, der in seinen umfangreichen Tischgesprächen jeden Aspekt seines Lebens ad nauseam durchkaut, erwähnte je ein solches Ereignis;
3. Erst Melanchthon, dem wir eine Reihe protestantischer Mythen verdanken, hat den Thesenschlag erwähnt, wohl basierend auf der in Wittenberg üblichen akademischen Praxis, die Kirchentüren (Plural!) als „schwarzes Brett“ zu benutzen; dann allerdings wäre der Hausmeister der Universität für den Anschlag zuständig gewesen, nicht Dr. Luther.

Natürlich war die Ablaßpraxis im Deutschland des 16. Jahrhunderts kritikwürdig. Albrecht von Brandenburg, der schon als 23jähriger zum Erzbischof von Magdeburg und Administrator von Halberstadt geworden war, wollte zwei Jahre später auch noch Erzbischof und Kurfürst von Mainz werden, ohne auf eines seiner bisherigen Bistümer verzichten zu müssen. Um die notwendigen Servitien und Palliengelder zu bezahlen, hatte er sich von den Fuggern 29.000 rheinische Gulden geliehen, die er in Absprache mit der römischen Kurie durch den Verkauf von Ablaßbriefen erwirtschaften wollte, bei dem die Hälfte der Einnahmen nach Rom ging, die andere Hälfte aber vom zuständigen Bischof einbehalten werden konnte. Mit dem Verkauf wurde der rührige Dominikanermönch Johannes Tetzel beauftragt, dessen Verkaufstalent wohl größer als seine seelsorgerische Sorgfalt war. Einer der ersten Gegner der Verkaufsaktion war Luthers Landesherr Friedrich der Weise, der die Wallfahrt zu seiner mit Reliquien und Ablässen reich ausgestatteten Allerheiligenkirche in Wittenberg gefährdet sah. Luther ging also auf „Nummer sicher“ und sprach „pro domo“, als er ausgerechnet mit einer Kritik an dem fragwürdigen Ablass-Handel „an die Öffentlichkeit“ ging.
Das geschah aber eben nicht mit einem Thesenanschlag, sondern mit einem Brief an Erzbischof Albrecht, der an Unterwürfigkeit kaum zu überbieten ist. Er befindet sich heute im Reichsarchiv zu Stockholm und ist auf den 31. Oktober 1517 datiert.[60] Auch hier wird der vermeintliche Thesenschlag mit keinem Wort erwähnt. Stattdessen bittet Luther den Erzbischof, seine Instructio an die Ablaßprediger, insbesondere Tetzel, zu revidieren, da sie irreführend sei. Ein  zweites Schreiben ging an den Bischof von Brandenburg. Beiden Briefen legte Luther seine „disputationes“ (Thesen), die damals nur handschriftlich existierten, bei. In einem Brief an Papst Leo X. vom Mai 1518 versichert Luther, er habe bis dahin nur „privatim“ „einige hohe Würdenträger der Kirche“ „ermahnt“[61]. Erst als er auf das Schreiben an Albrecht keine Antwort bekam, ließ er seine Thesen in gedruckter Form erscheinen, wodurch diese sich in rasender Geschwindigkeit verbreiteten; er hatte den Nerv seiner Zeit getroffen.

Dabei ist auffallend, dass Luthers Kritik am Ablasshandel allein auf kirchlicher Theologie und Kirchenrecht basierte; seine neuen Erkenntnisse spielten noch keine Rolle, im Gegenteil, er schreibt: „Die Werke der Gottesfurcht und der Liebe sind unendlich wertvoller als die Ablässe.“[62] In seinen Thesen aber verhöhnt er den Papst, wenn es in These 82 heißt: „warum befreit der Papst nicht aus Liebe alle Seelen aus dem Fegfeuer, so er doch des vergänglichen Geldes willen viele daraus erlösen kann.“[63] Dem Ablaßprediger Tetzel schrieb er dagegen: „Er solle sich unbekümmert lassen, denn die Sache sei von seinetwegen nicht angefangen, sondern das Kind habe viel einen anderen Vater.“[64] Zuvor hatte er erklärt: „Wo er nur einen Fürsten wußte, der ihm den Rücken deckte, wollte er dem Papste, den Bischöfen und Pfaffen ein rechtes Spiel anrichten.“[65] Es war also alles eine Inszenierung, ein abgekartetes Spiel. Es ging ihm nie allein um den Ablasshandel. Aber mit dieser berechtigten Kritik konnte er nicht nur seinen Landesherrn, Friedrich den Weisen, auf seine Seite bringen, sondern auch einen großen Teil des Volkes. Von einem Tag auf den anderen war er berühmt – und galt als gerechter Kämpfer gegen einen Mißbrauch des Ablasses. Mehr noch, er gab sich als Volkstribun, er „schaute dem Volk aufs Maul“ und nutzte geschickt den historisch bedingten „antirömischen Affekt“, der östlich des Rheins seit den Zeiten Hermanns des Cheruskers gepflegt worden war und seit dem Investiturstreit auch einen großen Teil des Adels erfasst hatte. „Der Mönch wurde zum Demagogen und Erzvater aller Revolutionen nach ihm. Unablässig hetzte er zum Kriege gegen Rom, gegen den Papst, gegen die Katholiken. Dem Kaiser riet er, den Kirchenstaat einzuziehen, den Fürsten und Magistraten, die Kirche ihrer Güter zu berauben, den unzufriedenen Geistlichen, Mönchen und Nonnen stellte er den Hochzeitshimmel in Aussicht, allen die ‚evangelische Freiheit‘.“[66]
Für Aufsehen sorgte dabei speziell Luthers anmaßende, selbstherrliche und vulgäre Sprache. Den gelehrten Dominikaner Hostraten, der es wagte, ihn zu kritisieren, bezeichnete Luther in seinem Antwortschreiben als  „unsinniger, blutdürstiger Mörder“, die Universitäten von Löwen und Paris, die sich gegen ihn erklärten, als „Tölpelschule, höllische Grundsuppe, verdammte Teufelssynagoge, Mutter alles Irrtums, das rechte Hintertor der Hölle“, ihre Professoren als „verfluchte Rangen, grobe Säue, Ketzer und Götzen.“ Englands König Heinrich VIII., damals noch rechtgläubig, weil er die sieben Sakramente gegen Luther verteidigte, u.a. als „gekrönter Esel, verruchter Schurke, Auswurf der Schweine und Esel, Gotteslästerer, freches Königsmaul, toller Heinrich“ und vieles andere mehr.[67] Diese Unflätigkeiten ließ Luther drucken; sie führten dazu, dass man sich in den Wirts- und Hurenhäusern Deutschlands auf die Schenkel schlug und den „unverschämten Martin“ als „Mann des Volkes“ feierte.

Natürlich blieb des Luthers tolles Treiben nicht ohne Folgen. Im Frühjahr 1518 musste er sich vor dem Kapitel seines Ordens verantworten, im Sommer wurde der Ketzerprozess gegen ihn eingeleitet, im Herbst verhörte ihn Kardinal Cajetan in Augsburg. Luther, der unter manisch-depressiven Stimmungsschwankungen litt, bekam es mir der Angst zu tun, sah sich bereits auf dem Scheiterhaufen: “Ach, was für eine Schande werde ich meinen lieben Eltern sein.“[68] Am Ende appellierte er an ein Konzil, was er freilich ein Jahr später, auf einem Disput in Leipzig, wieder zurücknahm: „Auch Konzilien können irren!“ Der anwesende Kardinal Cajetan war entsetzt: „Das bedeutet eine neue Kirche bauen.“[69] Von Reformabsichten war schon jetzt nichts mehr zu hören.

Und wie reagierte die Kirche? Papst Leo X. bot Luthers Landesherrn Friedrich von Sachsen an, einen Kandidaten seiner Wahl zum Kardinal zu erheben. Das hätte sogar Luther sein können.[70] Als Friedrich darauf nicht einging, blieb nur noch die Bannandrohungsbulle vom Sommer 1520, die Luther mit dem endgültigen Bruch mit Rom erwiderte. Öffentlich verbrannte er nicht nur die Bulle, sondern gleich alle „gottlosen Bücher der päpstlichen Gesetzgebung und der scholastischen Theologie“[71], darunter das gesamte Kirchenrecht und die Werke Thomas von Aquins sowie die Werke erklärter Luthergegner.  Dann, nach der Bücherverbrennung, verfasste er die Schrift „Von dem Papsttum zu Rom“, in der er den Papst zum Antichristen, die Kirche zur „Teufelshure“ erklärte. In seiner „Adelsschrift“ verhieß Luther den Landesherren und Adligen, die ihm folgen, eine ganz eigene Form der "evangelischen Freiheit“ – nämlich die Aneignung der Kirchengüter. Es war eine bequeme Form, sich jeder Gängelei durch geistliche Herren zu entledigen, denen er die finanzielle Ausbeutung Deutschlands unterstellte, und das eigene Vermögen beträchtlich zu vergrößern. Die Schrift erreichte für damalige Verhältnisse exorbitante fünfzehn Auflagen noch im selben Jahr, allein die Startauflage betrug 4000 Exemplare. [72] In seiner zweiten Kampfschrift, „Über das babylonische Gefängnis der Kirche“ reduzierte er die Siebenzahl der Sakramente kurzerhand auf zwei: Nur noch Taufe und Abendmahl wurden geduldet, die Ehe dagegen sei „ein weltlich Ding.“[73] Am 3. Januar 1521 traf dann die endgültige Bannbulle aus Rom ein.[74] Die Stimmung zu diesem Zeitpunkt schildert der Nuntius Aleander in seinem Bericht nach Rom: „Ganz Deutschland ist in hellem Aufruhr. Für neun Zehntel ist das Feldgeschrei ‚Luther‘, für die übrigen, falls ihnen Luther gleichgültig ist, wenigstens ‚Tod der Römischen Kurie‘, und jedermann verlangt nach einem Konzil.“[75] Statt den Ketzer nach Rom zu überstellen, entschied Kaiser Karl V., ihn auf dem Reichstag zu Worms zu verhören. Wäre damals noch eine Reform, eine Einigung mit Rom möglich gewesen? „Wir wollen die höchste Nachsicht üben um unseren Luther zur Einkehr in sich selbst zu bewegen“, schrieb Leo X. in seiner Bannbulle. Doch dazu fehlte Luther die Bereitschaft. „Der Würfel ist gefallen, ich will mich in Ewigkeit nicht mehr versöhnen… das Wort Gottes ist ein Schwert, ist ein Krieg, ist Zerstörung, ist Ärgernis, ist Verderben, ist Gift… wenn wir Diebe mit dem Strang, Mörder mit dem Schwerte, Ketzer mit dem Feuer bestrafen, warum greifen wir nicht vielmehr mit allen Waffen diese Kardinäle, diese Päpste und das ganze römische Geschwärme an und waschen unsere Hände in ihrem Blute?“[76]

Er fühlte sich stark, denn er wusste seinen Landesherrn, dessen Verbündete, aber auch die Bauern vom „Bundschuh“ und die Raubritter auf seiner Seite, die Luther als Legitimation brauchten, um die Kirchengüter an sich zu reißen; im Gegenzug waren sie bereit, ihm Schutz und Geleit zu geben; auch der Kaiser hatte ihm ausdrücklich freies Geleit zugesagt. Von 100 Rittern begleitet traf er am 16. April 1521 in Worms ein, wo ihn 2000 Schaulustige euphorisch begrüßten – „wie damals bei Jesu Einzug in Jerusalem“, schwärmt die protestantische Hagiographie: „Luther ist der Volksheld der Epoche. Jetzt steht ein fundamentaler Wendepunkt der Kirchengeschichte bevor, zugleich ein Wendepunkt der Weltgeschichte.“[77]

Mitnichten, wie Historiker längst einräumen. Der heroische Auftritt vor dem Kaiser und den Fürsten des Reiches, Luthers „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“, ein fester Bestandteil protestantischer Ikonografie, ist ein weiterer Mythos. Er hat diese Worte nie gesagt, wie selbst seine evangelischen Hagiographen längst einräumen müssen[78]: „Ein Irrtum über Luther.“[79] So schreibt Dieterich: „Den Anwesenden erscheint Luther bei seinem Auftritt vor dem Reichstag am 17. April eher schüchtern, unsicher, ängstlich … Die Situation scheint ihn denn auch überfordert zu haben. Auf das Ansinnen, er solle seine Schriften widerrufen, bittet er um Aufschub, den man ihm großzügig gewährt.“[80] Erst am nächsten Tag, nachdem er sich nachts noch einmal der Rückendeckung seiner Anhänger versichert hatte, hielt er eine längere Ansprache. „Den scharfen Ton seiner Streitkräften bittet er zu entschuldigen“[81], berief sich aber auf sein Gewissen und die Heilige Schrift und schloss mit den Worten: „Gott helfe mir, Amen.“[82] Thomas Münzer warf ihm später vor: „Er habe es dem deutschen Adel, dem er das Maul mit Honig bestrichen, zu verdanken, dass er zu Worms festgestanden, denn der Adel wähnte nicht anders, als du würdest mit deinen Predigten Geschenke geben- Klöster und Stifte! So du zu Worms hättest gewankt, wärst du vom Adel eher erstochen worden als losgegeben, das weiß doch ein jeder.“[83]

Der Kaiser hielt sein Wort; erst im Mai wurde über Luther die kaiserliche Acht verhängt. Da war er von seinen Anhängern, im Rittergewand als „Junker Jörg“, längst in Sicherheit gebracht worden: auf die Wartburg. Glauben wir der protestantischen Lutherlegende, übersetzte er dort als Erster die Bibel in die deutsche Sprache und widerstand mutig dem Teufel, den er mit einem Tintenfaß vertrieb; noch heute wird Touristen der regelmäßig erneuerte Tintenfleck gezeigt. Tatsächlich durchlebte Luther auf der Wartburg eine schwere Depression. Von „schweren Anfechtungen“ und „Verzweiflung“ schreibt er, vom „Ringen mit dem Teufel“.[84] Ein Poltergeist soll ihm und einer nächtlichen Besucherin – der verheirateten Frau von Berlepsch, die in Luthers Kammer übernachtete – den Schlaf geraubt haben.[85] „Da hat‘s die ganze Nacht ein solch Gerumpel gehabt, dass sie meinte, da seien tausend Teufel drin“, erinnerte sich Luther später.[86] Am Ende flüchtete er sich wohl vor seinen Depressionen in die Arbeit – und machte sich ans Übersetzen. Doch das war keineswegs ein Novum. Lange vor Luthers Übersetzung waren bereits 14 vollständige hochdeutsche Bibelausgaben erschienen, von denen Luther nachweisbar drei als Quelle benutzte (nämlich Augsburg 1477, Nürnberg 1483 und Augsburg 1518)[87]. Freilich bemühten sich deren Übersetzer um eine möglichst genaue, werkgetreue Übersetzung, während Luther ziemlich frei übersetzte. Das ist die Stärke seiner wortgewaltigen und sprachprägenden Übersetzung, aber auch deren große Schwäche. So räumten selbst Protestanten ein: „An hundert Stellen ist der Sinn des Originals nicht getroffen, keine andere sei vom Urtext so sehr abgeirrt, sei die ungenaueste aller Übersetzungen, über 3000 Stellen bedürfen der Berichtigung.“[88] Falsch ist die Behauptung protestantischer Hagiographen, Luther habe statt der lateinischen Vulgata die Urtexte übersetzt; tatsächlich ist seine Abhängigkeit von der Vulgata offenkundig. Allerdings übersetzte er auf der Wartburg lediglich das Neue Testament, das Alte Testament folgte anschließend als Gemeinschaftswerk eines ganzen Wittenberger Übersetzerteams unter Leitung des gelehrten Melanchthon. Zudem fiel die Reihenfolge der Bücher in Luthers Neues Testament seiner Theologie zum Opfer: Den Jakobusbrief verwarf er als „eine recht stroherne Epistel“[89] und setzte ihn fast ans Ende, weil der Apostel und Herrenbruder nicht lutherisch dachte. Bei ihm steht „So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat“ (Jak 2,17). Ähnlich ging er mit dem Hebräerbrief um. Der Römerbrief des Paulus rückt an die erste Stelle der apostolischen Briefe, denn Luther führt ihn als Bestätigung seiner Lehre an, was ihm jedoch nur durch einen Taschenspielertrick gelingt. Steht im Original „dass der Mensch durch den Glauben ohne Gesetzeswerke gerechtfertigt wird“ (Rom 3,28), was sich ausdrücklich auf die Vorschriften des Judentums bezieht, wurde bei Luther daraus, „dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.“ Das Wörtchen „allein“ ist eine rein lutherische Hinzufügung, weshalb ihm Kritiker zurecht „Bibel- und Urkundenfälschung“[90] vorwarfen. Noch ärger war Luthers Verfälschung des Lukasevangeliums. Wo der Engel Maria als „voll der Gnaden“ begrüßt, las man bei Luther bloß „Du Holdselige“, so als würde er seine Liebste begrüßen. „Wo redet der deutsche Mann so: Du bist voll Gnaden? … Er muss denken an ein Fass voll Bier oder Beutel voll Geldes, darum hab ich’s verdeutscht“[91], begründete er seine eigenmächtige Interpretation. Ihm schwebte sogar vor, es bei einem banalen „Gott grusse dich du liebe Maria“[92] zu belassen. Dabei steht im griechischen Originaltext „Chaîre kecharitomene“, was wörtlich „Freu Dich, Du Gnadenvolle“ bedeutet. „Damit ist ihr Wesen ausgesprochen, der ihr von Gott gegebene Name. Sie ist ‚voll der Gnade‘, sowohl der geschaffenen als auch der ungeschaffenen Gnade, denn ‚der Herr ist mit dir‘, und zwar bereits vor der Inkarnation“, stellt Mock richtig fest.[93] Aber das hätte Luthers geistlich-theologischen Horizont gesprengt.

Während sich Luther noch auf der Wartburg versteckt hielt, wagten seine Anhänger vom „Bundschuh“ den Aufstand. Jetzt hatten sie endlich eine Legitimation, glaubten, für das Evangelium und den rechten Glauben gegen eine dekadent korrupte Kirche, ja gegen den Antichristen selbst zu kämpfen. Die „evangelische Freiheit“, von der Luther predigte, erschien ihnen als Verheißung auf ein selbstbestimmtes Leben. Bestärkt wurden sie durch die Schriften, die Luther auf der Wartburg verfasste und in der er gegen die Kirche, das Mönchtum und die Priester hetzte. Auch sie wurden gedruckt und verbreiteten sich wie ein Lauffeuer im Reich. Darin hieß es etwa: „Bevor man die Türken vertilgen will, sollte man über den  Papst herfallen und Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte im Rhein ertränken … Die Klostergelübde seien wider die Gebote Gottes, die Möncherei ein Aufruhr gegen Christum, weshalb alle Klöster vertilgt, abgetan, ausgewurzelt werden müssen mit Feuer, Schwefel und Pech wie Sodom und Gomorrah … die Messen sind bloß auf Fressen und Saufen angelegt … ein Meßpfaff verdiene leiblichen Tod und Strafe wie ein öffentlicher Schänder und Lästerer.“[94] Mit Phrasen wie „Für die Christen gibt es kein Gesetz“ und „unter den Christen soll keine Obrigkeit sein“, goss Luther in seiner Schrift „Von weltlicher Obrigkeit“ (1523) Öl ins Feuer und wirkte wie ein Anarchist.[95]

Der Bauernkrieg von 1525 forderte über 120.000 Todesopfer, über 1000 Klöster und Burgen lagen danach in Schutt und Asche, dazu Hunderte von Dörfern. Dem Bauernstand war danach für Jahrhunderte das Rückgrat gebrochen, Hunderttausende fielen in die Leibeigenschaft. Daran hatte der Reformator keinen unbeträchtlichen Anteil. „Luther… hat ganz Deutschland in solche Raserei gestürzt, dass man es schon für Ruhe und Sicherheit nehmen muss, wenn man nicht augenblicklich umkommt“, schrieb Zasius, ein angesehener Jurist, der zunächst ein Anhänger des Reformators war.[96] Doch statt die Verantwortung für die Katastrophe zu übernehmen, wechselte dieser mittendrin die Fronten.  Noch Anfang Mai 1525, in seiner „Ermahnung für den Frieden“, hetzte er die Bauern gegen die katholischen Fürsten, „blinden Bischöfe, tollen Pfaffen und Mönche“ auf; nur den protestantischen Fürsten sollten sie gehorchen. Doch kaum zeichnete sich die Niederlage der Bauern gegen Ende Mai ab, genauer gesagt: am 30. Mai 1525, veröffentlichte er die Schrift „Wider die räuberischen und mörderischen Bauern“, in der er die Fürsten zum Massaker an den Bauern aufrief: „Die höchste Zeit ist’s, dass sie erwürget werden, wie die tollen Hunde … darum soll zuschmeißen, würgen und stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, und gedenken, dass es nichts giftigeres, teuflischeres sein kann, denn ein aufrührerischer Mensch … daher dreinschlagen, solange sich eine Ader regen kann… jetzt ist eine Zeit des Schwertes, des Zornes und nicht der Gnade und welcher Bauer erschlagen wird, der ist mit Leib und Seel verloren und ewig des Teufels .. ein Fürst kann jetzt mit Blutvergießen den Himmel leichter verdienen denn andere mit Beten… darum liebe Herren … steche, schlage und würge sie, wer da kann… bleibst du darüber tot, wohl dir, seliglicheren Tod kannst du nimmermehr überkommen.“[97] Später bemühte Luther den Herrgott zur Legitimation seines Aufrufes zum Massaker: „Ich, Martin Luther, habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen, all ihr Blut ist auf meinem Hals; aber ich weise auf unseren Herrn und Gott, der hat mit das zu reden befohlen.“[98] Viel wahrscheinlicher, dass er die Abkehr der ihm wohlgesonnenen Fürsten fürchtete, weil er sich zunächst mit den Falschen verbündet hatte.
Was folgte, war eine der verhängnisvollsten Entwicklungen der lutherischen Glaubensgemeinschaft, ihre blinde Obrigkeitshörigkeit bis hin zum Staatskirchentum und preußisch-protestantischen Kadavergehorsam. „Mit beinahe stupider Beharrlichkeit wiederholt (Luther) wieder und wieder, dass man der Obrigkeit Gehorsam schuldig sei – in allen Fragen außer in Glaubensdingen“, räumt Luther-Apologet Dieterich ein; gemeint war natürlich die mittelalterliche, feudale Ständeordnung. Ausdrücklich befürwortete Luther die Wiedereinführung der Leibeigenschaft, meinte, „der gemeine Mann muss mit Bürden beladen sein, sonst wird er zu mutwillig“[99] und verhöhnte die „ohnmächtigen, groben Bauern“, ja postulierte: „Es wäre vonnöten, dass ein solch wild ungezogenes Volk, als Deutschen sind, noch weniger Freiheit hätte als es hat.“[100] Tyrannenmord, wie ihn die katholische Kirche mit Berufung auf Augustinus legitimiert, verbot Luther: „Es ist besser, dass ihnen die Tyrannen hundert Mal Unrecht tun, als dass sie den Tyrannen einmal Unrecht tun.“[101] Demokratie lehnte er ab: „Der Pöbel hat und weiß kein Maß, in einem jeglichen stecken mehr als fünf Tyrannen“, erklärte Luther.[102] So wurden die Protestanten zu den treuesten Untertanen deutscher Obrigkeitsstaaten, ob im Kaiserreich oder unter Adolf Hitler.

Mit dem Volk hatte „Wendehals“ Luther es sich fortan verdorben. Als „Doktor Lügner, Doktor Ludibrii (Hohn)“[103] bezeichnete ihn der Bauernführer Thomas Münzer. Luther musste um sein Leben fürchten und wagte es 1530 nicht einmal, seinen sterbenden Vater zu besuchen. Er selbst bekannte: „Das Volk hält uns für Aufrührer, erklärt: zur Zeit des Papsttums sei es nicht so böse gewesen, mit der neuen Lehre sei alles Unglück gekommen“[104] Doch er brauchte das Volk nicht mehr, seit ihn immer mehr Fürsten unterstützten. Aus der Volkskirche sollte 1555 mit dem „Augsburger Religionsfrieden“ eine Obrigkeitskirche werden. „Cuius regio, eius religio“ lautete fortan das Motto. Der Landesherr wählte den für ihn günstigeren Glauben aus, das Volk hatte ihm zu folgen. Wer sich Kirchengüter angeeignet hatte, musste aich zu Luther und seiner Lehre bekennen, um sie behalten zu können. „Ohne geschehenen reichen Raub der Kirchengüter wäre kein Dorf lutherisch geblieben“, stellte später der katholische Politiker, Priester und Publizist Paul Majunke fest[105]. Der protestantische Fürst wurde zum neuen „Regionalpapst“, aus der „evangelischen Freiheit“ eine evangelische Knechtschaft. Auch Luther wurde reich entlohnt: Sein Landesherr schenkte ihm sein ehemaliges Kloster zu Wittenberg mit allen Einkünften aus Gärten, Fischweihern und Brauereien. Wie ein Fürst residierte er fortan, umgeben von einem regelrechten Hofstaat von Dienern, Studenten, Freunden und Trinkgenossen. Hatte er schon im Dezember 1524 seine Augustinerkutte abgelegt, war es nun an der Zeit, jener Begierde zu frönen, die ihn ein Leben lang verfolgt hatte: Der Wollust.

„Ich brenne durch das große Feuer meines ungezähmten Fleisches. Ich sollte brünstig sein im Geist und bin doch brünstig im Fleisch“[106], hatte er auf der Wartburg dem Schloßhauptmann von Berlepsch anvertraut. In seiner Schrift gegen das Mönchtum wetterte er gegen den Zölibat, die Lebensweise des Herrn: „Das ehelos Leben habe nur falsche Heiligkeit genährt.“ „So wenig ich Berge wegwälzen, mit den Vögeln fliegen, neue Sterne schaffen, mir die Nase abbeißen kann, so wenig kann ich die Unzucht lassen“, schrieb er 1520, „Narren sind’s, die sich mit beten, Fasten und anderen Kasteiungen wider die böse Lust wehren, denn diesen Versuchungen ist leicht abzuhelfen, wenn nur Männer und Weiber vorhanden sind.“[107] Ohnehin würde „eine öffentliche Hure … eher errettet als ein Heiliger“.[108] „Was ein Mann ist, muss ein Weib haben“, stellte er in einer Predigt fest. Auch „ein Weibsbild ist nicht dazu geschaffen, Jungfrau zu bleiben, sondern Kinder zu tragen“, ergänzte er in „Von der Freiheit eines Christenmenschen.“[109] Die Folge war, dass im ganzen Land Mönche und Nonnen ihre Gelübde brachen und aus den Klöstern ausbrachen. Trotzdem waren auch Luthers Anhänger schockiert, als er im Juni 1525, also unmittelbar nach dem Gemetzel an den Bauern, seine Vermählung bekanntgab. Seine Braut war zuvor mit elf anderen Nonnen am Ostersamstag 1523 aus dem Zisterzienserinnenkloster Marienthron entführt und zu Luther nach Wittenberg geschafft worden. Dort wurden elf der gottgeweihten Jungfrauen „unter die Haube gebracht“. Luther hatte sich zunächst in eine von ihnen verliebt, die aber nichts von ihm wissen wollte, während die 26jährige Katharina von Bora dem 41jährigen Avancen machte. Man heiratete in einer schlichten Zeremonie, die Hochzeitsnacht wurde nach damaliger Sitte von Zeugen überwacht, was den lutherischen Stadtpfarrer Johannes Bugenhagen zu Tränen rührte.[110] Später gab Luther freimütig zu: „Meine Frau habe ich niemals geliebt; ich hielt sie für hochmütig (was sie ja auch ist)“.[111] Aber er hatte einen guten Rat für jeden Ehemann parat: „Weigert sich dein Weib, so halte dich an die Magd.“[112]  Sein engster Mitarbeiter Melanchthon schrieb damals an Camerarius: „Am 13. Juni heiratete Luther unerwartet… Du wirst erstaunt sein, dass er in dieser unheilvollen Zeit nicht mitleidet, sondern ein umso lockeres Leben führt und seinen Ruf verschlechtert … er ist ein äußerst flatterhafter Mann und die (entlaufenen) Monialen, die mit aller List Netze ausstellten, haben ihn umgarnt … ich hoffe, dass die Ehe ihn anständiger machen wird und er von der Unanständigkeit ablassen werde, derentwegen wir ihn oft tadeln mußten.“[113]

Tatsächlich hat sich Luther in den letzten 21 Jahren seines Lebens nicht verändert. Im Gegenteil: was er selbst und seine Zeitgenossen uns überliefern, muss ihn als geradezu verlottert erscheinen lassen. Schon in besseren Zeiten hieß es, dass sich der Doktor „höchstens zweimal in der Woche rasierte“[114]. Als Katharina von Bora das erste Mal in sein Haus kam, klagte sie anschließend, es „stank die Schlafkammer des Herrn Doktor wie eine Hundehütte. Das seit einem Jahr nicht erneuerte Bettstroh faulte vor sich hin.“[115]

Das geistliche Leben war zu diesem Zeitpunkt fast erkaltet. „Herr Doktor, woher kommt es, dass wir im Papsttum so warm, eifrig und oft gebetet haben, während nun unser Gebet ohne alle Wärme ist, ja wir selten beten“, fragte ihn seine Frau einmal.[116] Seine Antwort, während einer der Tischreden: „Ich, Luther, kann nicht betten, ich muß darbey auch fluchen; soll ich sagen: geheiliget werde den Nahm, muß ich darbey sagen: verflucht und verdambt, verstöhrt müsse werden das Papsttum.“ Auch das Ave Maria veranlaßte ihn zu einer Perversion, gezielt auf Papst Paul III.: „Ave Rabbi, heilige Jungfrau St. Paula, Papst voll Ungnaden Gottes, der Teufel ist mit dir, verflucht seyestu unter allen Menschen, verflucht sey die Frucht deines Reichs: Kardinäl, Pfaffen, Münch und Nonnen.“[117]

Sein Hass auf den Papst hatte sich in einen Wahn verwandelt. Seine Schrift „Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet“ (1545) setzte dem die Krone auf. Selbst sein geliebter Kurfürst war empört, meinte, Luther habe „kein Maß“.[118] Der aber erwog allen Ernstes die Grabinschrift: „Pestis eram vivus, moriens ero mors tua, papa.“ - „Als Lebender war ich deine Pest, Papst, als Toter werde ich dein Tod sein!“[119] Selbst in seinem Testament ermahnte er seine Anhänger: „Eines vergeßt nie: den Haß gegen den Papst.“[120] Dabei hatte der deutschstämmige Papst Hadrian VI. bereits 1523 Abbitte geleistet, was auch als Versöhnungsangebot an Luther gedacht war und vom Nuntius in Deutschland vor den versammelten Reichsständen verlesen wurde: „Wir wissen, dass auch bei dem Heiligen Stuhl schon seit Jahren Verabscheuungswürdiges vorgekommen ist. Viele Missbräuche in geistlichen Dingen, Übertretungen der Gebote, das dies alles sich zum Ärgeren verkehrt ist … deshalb sollst du in Unserem Namen versprechen, dass wir allen Fleiß anwenden wollen, damit zuerst der römische Hof, von welcher vielleicht alle diese Übel ihren Anfang genommen, gebessert werde…“[121] Sein Nachfolger, Paul III., hatte bereits 1537 zu einem Konzil nach Mantua und ab 1542 zum Konzil nach Trient geladen, das bewusst als Konzilsort nahe der Grenze zum Heiligen Römischen Reich gewählt wurde, und war damit Luthers ursprünglicher Forderung nachgekommen. Doch der „Reformator“ hatte nie ernsthaft an eine Kirchenreform gedacht; er wollte den Umsturz, das Ende des Papsttums selbst, und so antwortete er auf die Konzilsankündigung nur so: „Man soll den Papst, die Kardinäle und alles Gesindel seiner Abgötterei und päpstlichen Heiligkeit nehmen und ihnen, als Gotteslästerern, die Zungen hinten am Hals herausreißen und der Reihe nach an den Galgen annageln … danach ließe man sie ein Concilium oder wie sie wollen halten am Galgen oder in der Hölle unter den Teufeln.“[122]

Im Mittelpunkt seines geradezu pathologischen Hasses auf die Kirche und den Papst stand sein Hass auf das heilige Messopfer, das er als „Gräuel“ bezeichnete. „Wenn es mir gelingt, die Messe abzuschaffen, dann glaube ich den Papst gänzlich besiegt zu haben. Auf die Messe wie auf einen Felsen stützt sich ja das ganze Papsttum mit seinen Klöstern, Bistümern, Kollegien, Altären, Diensten und Lehren… Fällt der sakrilegische und fluchwürdige Messgebrauch, dann muss alles stürzen. Durch mich hat Christus begonnen, den Greuel, der am heiligen Ort steht, zu enthüllen.“[123] In seinem Hass auf das Messopfer kannte er keinen Kompromiss und sah darin ein unüberwindbares Hindernis für jede Versöhnung mit Rom. „So werde ich mich auch mit Gottes Hülfe ehe lassen zu Asche machen, ehe ich einen Messeknecht (Priester) mit seinem Werk lasse meinem Heilande Jesu Christo gleich oder hoher sein. Also sind und bleiben wir ewiglich geschieden und widereinander“, schrieb er in den Schmalkaldischen Artikeln[124], dem großen Glaubensmanifest des Protestantismus als Antwort auf die päpstlichen Reformbestrebungen und das angekündigte Konzil, in dem er konstatierte: „Daß die Messe im Papsttum der größte und schrecklichste Greuel sein muss … vor allen päpstlichen Abgöttereien der höchste … ein gefährlich Ding ist, ohne Gottes Willen erdichtet und erfunden“, ja ein „Drachenschwanz“, der „viel Ungeziefer und Geschmeiß mancherlei Abgötterei gezeugt“ habe und zu dem „der Teufel den Papst geritten hat“.[125]  Er duldete nur ein Abendmahl, das keinen Opfercharakter hatte und dessen Zelebrant natürlich kein geweihter Priester sein durfte. Umso absurder die heutige Forderung nach einer „Eucharistischen Gastfreundschaft“ zwischen Katholiken und Protestanten bei so völlig unterschiedlicher, ja unversöhnlicher Sakramentenlehre.

Worin hat dieser abgrundtiefe Hass auf das Messopfer seinen Ursprung? Wahrscheinlich erwuchs er aus dem ursprünglichen Gefühl, als unwürdig da ohne Berufung geweihter Priester sündhaft zu handeln. So werden seine Schuldgefühle, wird seine Psychologie zum Schlüssel für seine Theologie, wie es Mock postulierte, der bei ihm eine manisch-depressive Erkrankung diagnostizierte. Mock: „Die depressiven Gefühlszustände Luthers wechseln ab mit überfrohem, drogenartigen Glücksgefühl, prophetischem Sendungsbewußtsein und einem nicht mehr zu übersteigenden Selbstwertgefühl… der rein immanente, ichverhaftete und erfahrungsunabhängige Glaube Luthers ist Zeichen einer schweren Krankheit und wird tragischerweise zum Ausgangspunkt folgenschwerer Irrtümer in Theologie und Philosophie… Seine Theologie bleibt ohne diese Berücksichtigung ein Buch mit vielen Siegeln.“[126]

Luthers pathologische Selbstüberschätzung läßt sich festmachen an Aussagen wie dieser: „Ich kann Freund und Feind nur sagen: Nimm gläubig an, was Christus durch mich zu dir spricht; denn ich irre nicht, soviel ich weiß…. Christus redet durch mich“[127] Er sah sich selbst in einer Reihe mit den Aposteln, wähnte sich einen zweiten Paulus, rühmte sich schon 1522, als er (am 5. März) an seinen Landesherrn, den Kurfürsten von Sachsen, schrieb, „dass ich das Evangelium nicht von Menschen, sondern allein vom Himmel durch unsern Herrn Jesum Christum habe, daß ich mich denn wohl hätte mügen – wie ich denn hinfort tun will – einen Knecht und Evangelisten rühmen und schreiben“.[128] 

Doch anders als Paulus empfing er „sein“ Evangelium weder in einer Christusvision noch vom Heiligen Geist, er betete im Gegenteil: „Herr, verschone mich mit Visionen, denn ich habe an der Schrift genug.“[129] Der einzige, mit dem er Umgang pflegte, war ausgerechnet der Teufel. In Luthers Schriften wird der Teufel über 9000 Mal zitiert und Luther räumt freimütig ein, dass er Teufelserscheinungen hatte.[130] „Der Teufel kann mich so ängstigen, dass mir im Schlaf der Schweiß ausbricht. Aber ich kümmere mich nicht um Träume oder Vorzeichen… Ich wollte auch nicht, dass ein Engel zu mir käme. Ich würde ihm jetzt doch nicht glauben“, gestand er in den späten 1520er Jahren.[131] „Der Teufel schläft viel näher bei mir denn meine Käthe“, erklärte der Verheiratete später.[132] „Wir sind des Teufels Gefangene, als unseres Fürsten und Gottes, das wir tun müssen, was er will und uns eingibt“, wird er wörtlich in seinen Tischreden zitiert.[133] In seiner Schrift „Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe“ (1533) legt er sogar dar, wie der Teufel ihm den Widersinn des Messopfers erklärte: „Ich bin einmal zu Mitternacht auferwacht, da fing der Teufel mit mir in meinem Herzen eine solche Disputation an (wie er mir denn gar manche Nacht bitter und saur gnug machen kann).“ Dabei konfrontierte der Teufel Luther mit seinem eigenen Unglauben: „Du weißt, dass du nicht recht an Christum geglaubt hast und bist des Glaubens halben so gut wie ein Türk gewest…“[134]

Diesen dunklen Visionen versuchte Luther wohl speziell durch Alkoholkonsum zu entkommen. Offen gab er zu: „Ich zeche auch. Es soll mir aber nicht jedermann nachtun, denn es arbeitet auch nicht jeder so hart wie ich.“ Sein Motto lautete „Die Böhmen fressen, die Wenden stehlen, die Deutschen saufen getrost.“[135] Seiner Käthe schrieb er: „Ich fresse wie ein Böhme und saufe wie ein Deutscher, das sei Gott gedankt. Amen.“[136] „Dass ich bisweilen einen guten Trunk tue“[137] gab er freimütig zu und so gab er auch in einem Brief an Hieronymus Weller (1530) den Rat: „Zuweilen muss man reichlicher trinken, spielen, scherzen, ja auch eine Sünde tun aus Hass und Verachtung gegen den Teufel … wir werden sonst besiegt, wenn wir allzu ängstlich Sorge tragen nie zu sündigen.“[138] Zeitgenossen berichten von wilden Trinkereien und Völlereien, die der nicht selten volltrunkene Luther freimütig eingestand: „Wir essen uns zu tot, wir trinken uns zu tot, wir schlafen uns zu tot, wir furzen und scheußen uns zu tot“, heißt es in einer seiner Tischreden.[139] Noch zwei Tage vor seinem Tod nannte er sich „einen feisten Doktor“.[140]
Die letzten Jahre Luthers freilich scheinen auch den Reformator desillusioniert zu haben. Immer häufiger wurden seine schweren Depressionen, immer seltener die euphorischen Momente. Er sah sein Werk und es war nicht gut. Wo er „sola fide“ gepredigt hatte, war das Volk verwildert; er hatte es gelehrt, dass man tausend Mal sündigen konnte und doch nur durch den Glauben in den Himmel käme. Luther in einem Brief an Fürst Georg von Anhalt: „Aus dieser Lehre wird die Welt nur je länger, je ärger. Unsere Evangelischen werden siebenmal ärger denn sie zuvor gewesen: denn nachdem wir das Evangelium gelehrt haben, so stehlen, lügen, trügen, fressen und saufen wir und treiben allerlei Laster … wir leben in Sodoma und Babylon, alles wird täglich schlimmer … wer wollte angefangen haben zu predigen, wenn wir zuvor gewußt hätten, daß so viel Unglück, Rotterei, Ärgernis, Undank und Bosheit darauf folgen sollte.“[141] Als seine Käthe einmal vom Himmel schwärmte, erwiderte Luther melancholisch: „Aber ich fürchte, nicht für uns.“ Könne man sich nicht vom Abwege umwenden, fragte die ehemalige Ordensfrau. „Es ist zu spät“, erwiderte Luther mit schwerem Herzen.[142]

„Ich bin schwach, ich kann nicht mehr“, beendete er seine letzte Vorlesung, „Lieber Vater, spann mich aus, ich hab mich in der argen Welt müde gezogen.“[143] „Ich bin alt, abgelebt, träge, müde, kalt und nun gar einäugig“, vertraute er einem Freund an.[144] Dreimal musste er aus Wittenberg fliehen, „nur weg aus dieser Sodoma“[145], wie er schrieb. Nur der Wunsch des Kurfürsten hinderte ihn daran, diesem Wunsch nachzugeben.

Mit vielen seiner engsten Vertrauten und Mitstreiter hatte er sich zerstritten. Sie litten unter seiner notorischen Rechthaberei, seiner Verbissenheit, seiner Radikalität und seiner Neigung zu Wutausbrüchen und sogar körperlicher Gewalt, über die auch Melanchthon klagte. Der schmächtige, hochgebildete und blitzgescheite Kraichgauer war praktisch die Gegenthese zu dem lauten, bulligen, trotzigen Reformator und hatte schon bei den Schmalkaldischen Artikeln Bedenken angemeldet: „Um des Friedens und gemeinsamer Einheit willen“ wäre er sogar bereit gewesen, die „Superiorität (des Papstes) über die Bischöfe“, also das Petrusamt, anzuerkennen, wie er ausdrücklich neben seiner Unterschrift anmerkte.[146] Luther muss das wie ein Verrat erschienen sein.

Immer extremer wurden seine Hasstiraden. Schon 1526 hatte er gegen Frauen gewettert, die der Volksglauben für Hexen hielt, gefordert: „Die Zauberinnen sollen getötet werden, weil sie Diebe sind, Ehebrecher, Räuber, Mörder… Sie schaden mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.“[147] Infolgedessen wurden seit dem 16. Jahrhundert in den protestantischen Teilen Deutschlands mehr Frauen auf die Scheiterhaufen gestellt als in der gesamten katholischen Welt.[148] Auch für den Lebensschutz disqualifizierte sich Luther, als er allen Ernstes in seinen Tischreden forderte, sog. „Wechselbälger“ – behinderte Kinder, die man für Teufelsgeschöpfe hielt – zu „ersäufen“, denn sie seien bloß „ein seelenloses Stück Fleisch“.[149] Am übelsten aber hetzte er gegen die Juden, die er zu Anfang seines Wirkens noch zum Protestantismus bekehren wollte. In seiner verhängnisvollsten Schrift, „Von den Juden und ihren Lügen“ (1543), schrieb er wörtlich: „Pfui euch hier, pfui euch dort, und wo ihr seid, ihr verdammten Juden! Wenn du einen Juden siehst, magst du mit gutem Gewissen ein Kreuz vor dich schlagen und frei sicher sprechen: Da geht ein leibhaftiger Teufel! Darum wisse, dass du nächst dem Teufel keinen bitteren, giftigeren Feind hast als einen rechten Juden. Sie glauben närrische Lügen und statt in das schöne Angesicht des göttlichen Wortes, kucken sie dem Teufel ins schwarze, finstere Hinterlügenloch und müssen seinen Stank anbeten. Sie sind giftige, hämische Schlangen, Meuchelmörder und Teufelskinder. Mein treuer Rat ist, wie droben gesagt, ernstlich: dass man ihre Synagogen mit Feuer verbrenne und, wer kann, Schwefel und Pech hinzufüge; wer auch höllisch Feuer zuwerfen könnte, wäre auch gut. Darum soll der Juden Maul nicht wert gehalten werden, sondern mit Säudreck soll man auf sie werfen. Verbrenne ihre Synagogen und gehe mit ihnen nach aller Unbarmherzigkeit um... Will das nichts helfen, so müssen wir sie wie die tollen Hunde hinausjagen. Wenn mir Gott keinen anderen Messias geben wollte, als wie die Juden begehren, so wollte ich lieber eine Sau als ein Mensch sein"[150] Sie diente vier Jahrhunderte später den Nazis als Steilvorlage für ihren exterminatorischen Antisemitismus. Vor allem aber spiegelt das Buch wieder, in welch desolater seelischer Verfassung sich Luther in seinen letzten Jahren befunden haben muss. Bei allen lichten Momenten, bei den noch so klugen Abhandlungen und anrührenden Kirchenliedern, die er uns schenkte; sie dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Reformator sich zeitweise auch als Hassprediger betätigte. Eines seiner letzten Pamphlete, „Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi“ setzte die Juden gar mit dem Teufel gleich (Wörtlich: „Es sind junge Teuffel, zur Hellen verdampt“[151]). Dabei ist Luthers vor Geifer triefende, obzöne Sprache kaum mehr zu über- bzw. unterbieten.

Wieder plagten ihn Teufelserscheinungen, belehrte ihn der Leibhaftige: „Du bist ein Ketzer und Teuffels Apostel“[152], während er nach Eisleben reiste, um einen Streit in der Mansfelder Grafenfamilie zu schlichten. „Wenn ich wieder von Eisleben komme, dann will ich mich in einen Sarg legen und den Würmern einen feisten Doktor zum Schmause geben … ich bin der Welt müde“[153], schrieb er nach Wittenberg. Und gestand: „Ich werde nicht lange mehr leben. Wenn mich der Papst oder meine Widersacher in ihre Hände bekämen und mir schon vieles Leides antun wollten, so bin ich zu schwach; ich stürbe bald in ihren Händen“.[154] Das ist die Angst, die ihn quälte. Und wieder ging es ihm um die Juden. Nur drei Tage vor seinem Tod, am 15.2.1546, forderte Luther bei einer Predigt in Eisleben die Vertreibung des Auserwählten Volkes. Nach seiner Rückkehr wolle er sich ganz dieser Aufgabe widmen.[155]

Über Luthers Tod gibt es die unterschiedlichsten Nachrichten. Völlig unhaltbar ist die von protestantischen Hagiographen verbreitete Darstellung, er sei langsam und friedlich im Kreis seiner Freunde entschlafen und habe noch eine letzte, erbauliche Predigt gehalten, wie sie ihm Johannes Aurifaber in den Mund legte. Es ist nur eine von vier unterschiedlichen Versionen seiner „letzten Worte“, die einander ausschließen und schon daher der Apologetik zuzurechnen sind.[156] Ihm sollte ein „seliger“ Tod angedichtet werden, als Beweis für „die letztgültige Verlässlichkeit des neuen evangelischen Glaubens“, wie Malessa zutreffend anmerkt. Der ARD-Theologe ist sicher, dass eine Angina Pectoris die Todesursache des gerade einmal 62jährigen war, während andere einen Schlaganfall vermuten. „Mir aber wird weg und bange wie nie zuvor in der Brust, eine Compression des Herzens und gleichsam Erstickungsnoth“ soll Luther am Nachmittag zuvor geklagt haben.[157]

Michael Coelius, der Wittenbergische Stattpfarrer, sah sich jedenfalls bereits bei Luthers Bestattung genötigt, auf die längst kursierenden Gerüchte über die Umstände seines Todes einzugehen. Schon fänden sich, so Coelius, „bereitan leute, die durch den bösen geist getrieben ausbringen sollen als hab man ihn im Bette tod gefunden.“ Dabei sei er keineswegs plötzlich verstorben, sondern „ein ganzes jar hat er immer gestorben, das ist mit gedanken vom tod umgangen…“[158] Schließlich verfassten Luthers Anhänger einen offiziellen (und ziemlich unrealistischen) Bericht, der von allen Kanzeln protestantischer Kirchen verlesen werden sollte, um die vielen anderslautenden Gerüchte im Keim zu ersticken. Das gelang jedoch nicht; seit 1548 wurden diverse echte oder vermeintliche Zeugenberichte auch von gelehrten Autoren zitiert. Der erste, den der Humanist Johannes Cochläus  publizierte, soll von „einem gewissen Mansfelder Bürger“ stammen. Danach habe Luther am Abend des 17. Februars noch ausgiebig getafelt und dabei, wie üblich, bis zu sechs Liter süßen Weines getrunken. Anschließend habe man ihn, weil er sich nicht gut fühlte, auf sein Zimmer gebracht. Gegen Mitternacht seien zunächst zwei Ärzte und später auch der lokale Apotheker gerufen worden, die sich vergeblich um die Wiederbelebung des offenbar gerade Verstorbenen bemühten. „Krampfartige Verzerrungen des Gesichtes“ hätten auf einen Schlaganfall hingedeutet, auch ein Erstickungskatarrh wurde vermutet. Auf dem Transport nach Wittenberg habe die aufgeblähte Leiche üble Ausdünstungen abgesondert.[159] Diese Version klingt plausibel, hat aber das Manko, dass weder die Quelle noch die vermeintlichen Zeugen namentlich überliefert sind. Anders ist es bei einer dritten Version, die wir 1592 in dem Werk „De signis Ecclesiae“ des Oratorianerpaters Thomas Bosius (oder Bozius) finden. Ihre Quelle ist ein direkter Augenzeuge – kein geringerer als Ambrosius Ruthfeld, der Erzieher von Luthers Kindern, der ihn nachweisbar auf dieser letzten Reise begleitete, später aber zum katholischen Glauben zurückkehrte und Zeugnis ablegte.
Ruthfeld behauptete laut Bosius, Luther habe sich in der fraglichen Nacht das Leben genommen. „Neben seinem Bette hängend und elend erwürgt“ habe man ihn in den frühen Morgenstunden aufgefunden und daraufhin beschlossen, „unter den Leuten aus(zu)breiten, mein Herr Martin sei eines plötzlichen Todes gestorben.“[160]

Doch heute wird diese Selbstmordthese allgemein bezweifelt. Wahrscheinlicher ist, dass es ein Schlaganfall war, den Ruthfeld lediglich falsch interpretierte.

Was aber bleibt ist ein düsteres Bild.

Vielleicht wäre die evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gut beraten, wenn sie die von ihr propagierte „Entmythologisierung der Evangelien“ zunächst einmal durch eine Entmythologisierung ihres Lutherbildes ersetzen würde. Vielleicht wäre gerade das der sinnvollste Beitrag zur Ökumene. Denn da Gott bekanntlich auf ungeraden Linien gerade schreibt, hat auch die tragische Gestalt des Dr. Martin Luther ihren Sinn und Zweck in der göttlichen Vorsehung. Ohne ihn hätte es nie ein Konzil von Trient gegeben, das zu einer wirklich segensreichen Reform der Kirche geführt hat, ohne ihn wäre die Kirchenmusik gerade in Deutschland nicht zu so großen Ehren gekommen, Dank ihm wurde der Blick der Christenheit verstärkt auf das Evangelium, auf die Heilige Schrift gelenkt. Macht das alles Luther zum „Lehrer des Glaubens“? Bestimmt nicht. Aber zu einem Suchenden und Irrenden, der am Ende bewies, dass keine Macht der Welt den Felsen Petri, das Papsttum, überwinden kann. Mit Luther begann nicht, wie er es sich erhoffte, das Ende des Papsttums, nein, mit ihm begann sein eigentlicher Aufstieg, seine Reinigung und Heiligung. Und so hatte Luther, der so gerne Jurist werden wollte, doch eine Aufgabe im Göttlichen Plan. Er war der wahre „Advocatus diaboli“, der durch den Irrweg seiner Lehre die Kirche zu einer Abwehrreaktion trieb, die sich am Ende als notwendige Kurskorrektur auf dem Weg zu ihrer Heiligung erwies. Möge das Luther-Jubiläum zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem gescheiterten Reformator und seiner Lehre führen. Denn ist Luther einmal überwunden, steht auch den Protestanten der Weg zurück in die Einheit offen.
 
[1] http://www.luther2017.de/de/2017/lutherdekade/
[2] Benedikt XVI./Hesemann, Michael (Hrsg.): Der Papst in Deutschland, Augsburg 2011, S. 56
[3] Lt. Pressedienst „Zenit“ vom 11.3.2008
[4] In: „Die Tagespost“, 8.11.1997
[5] Zit. n. Dieterich, Veit-Jakobus: Martin Luther, Sein Leben und seine Zeit, München 2013, S. 9
[6] Siehe Köpf, Ulrich: Martin Luther, Der Reformator und sein Werk, Stuttgart 2015, S.15
[7] Moeller, Bernd/Stackmann, K.: „Luder – Luther – Eleutherius. Erwägungen zu Luthers Namen“, in: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Phil.-Hist. Klasse 1981, Nr. 7.
[8] Jakobius, Paul Josef: Die Wahrheit über Luther, Gaming 2012, S. 41
[9] Emme, Dietrich: Martin Luther, seine Jugend und Studentenzeit, Bonn 1983, S. 115
[10] Zit. n. Mock, Albert: Abschied von Luther, Köln 1985, S. 33
[11] Zit. n. Dörner, Reinhard (Hrsg.): „Lehrer des Glaubens“? Luther einmal anders, Stadtlohn 2010 (3), S.108
[12] Zit. n. Mock 1985, S. 35
[13] Zit. n. Dieterich 2013, S, 17 f.
[14] Zit. n. Mock 1985, S. 35
[15] Dieterich 2013, S. 15
[16] Oder 1484; Luther selbst machte unterschiedliche Angaben, siehe Köpf, Ulrich: Martin Luther, Der Reformator und sein Werk, Stuttgart 2015, S. 11 f.
[17] Malessa, Andreas: Hier stehe ich, es war ganz anders, Stuttgart 2015, S. 12 f.
[18] Dieterich 2013, S. 39
[19] Ebd., S. 41
[20] Brief Luthers an Vikar Braun in Eisenach vom 20.9.1503, zit. n. Mock 1985, S. 37
[21] Mock 1985, S. 37
[22] Ebd.
[23] H. Dungersheim, Dadelung des obgesatzten bekenntnus, S. 15, in: Aliqua opuscula magistri Hieronymi Dugersheym … contra Lutherum, Leipzig 1531, zit. n. Mock 1985, S. 38
[24] Ph. Melanchthon, Vita Martini Lutheri, zit. n. Mock 1985, S.38
[25] Weimarer Ausgabe der Tischgespräche (WA T1, S. 119; WA T5, S.6428, zit. n. Mock 1985, S. 40
[26] Mock 1985, S. 40
[27] Ebd., S. 42
[28] So Dietrich Emme in “Luthers erste Klosterzeit” in Theologisches, Sep. 1987, S. 37; zit. n. Jakobius 2012, S. 47
[29] Ebd., S. 46-51
[30] Sungersheim a.a.O., S. 16, zit. n. Mock 1985, S. 43
[31] WA T1, 326, S. 134, wörtlich: „Singular Die consilio factus sum monachus, ne me caperent. Alioqui essem facillime captus. Sie autem non poterant, quia es nham sich der gantz orden mein an.”, zit. n. Mock 1985, S. 43
[32] Mock 1985, S. 51
[33] Melanchthon a.a.O.S. 46, zit. n. Mock 1985, S. 44
[34] Weimarer Ausgabe 26,509, S.9-12 und 30, zit. n. Mock 1985, S. 45
[35] In seinem Beitrag auf der Kevelaerer Osterakademie unterstellte mir der Luther-Apologet Harm Klueting eine „konjunktivistische Darstellung“ der Umstände von Luthers Eintritt ins Kloster und postulierte stattdessen eine genuine Berufung, die er freilich an keinem Quellenzeugnis festmachen konnte; sie muss wohl als professorales Wunschdenken betrachtet werden. Jedenfalls bietet die Luther-Hagiographie keine plausible Alternative zu Emmes und Mocks psychologisch schlüssiger und durch authentische Quellen abgesicherter Darstellung an. Entlarvend ist schon, wie Emme  („Warum ging Luther ins Kloster“, in: Theologisches 177, Abensberg Januar 1985, S. 6188-6192) aufzeigt, dass auch die „Weimarer Ausgabe“ ausgerechnet mit Luthers kirchengeschichtlicher Abhandlung „Tractatulus Doctoris Martini Luttherii… De his qui ad Ecclesias confugiunt“ beginnt, die 1517 anonym und 1520 unter Luthers Namen veröffentlicht wurde und zu Luthers frühesten wissenschaftlichen Arbeiten überhaupt gehört. Sie handelt vom Kirchen- und Klosterasyl. Luther wörtlich darin: „Zwei Dinge hat ein in die Kirche Fliehender hauptsächlich zu vergegenwärtigen: 1. Daß er mit Gewalt nicht herausgeholt werden darf; 2. Daß er wegen eines Deliktes nicht mehr zum Tode oder zu einer anderen Körperstrafe bzw. Körpermißhandlung verurteilt werden darf…“
[36] Ch. G. Neudecker (Hrsg.), Handschriftliche Geschichte über Luther und seine Zeit, Jena 1850, S. 46; zit.n. Dietrich Emme: Über die Bedeutung der biographischen Lutherforschung, in: Remigius Bäumer und Alma v. Stockhausen (Hrsg.): Luther und die Folgen für die Geistesgeschichte, Bierbronnen 1996, S. 35
[37] Emme in Bäumer/Stockhausen 1996, S. 35
[38] Ebd., S. 36
[39] Jakobius 2012, S. 49 ff.
[40] WA 8, 573, 19ff.; zit. n. Mock 1985, S. 46
[41] WA 26, 509, 9-12 und 30, zit. n. ebd.
[42] Zit. n. Dörner 2010, S. 110
[43] Ebd.
[44] Dieterich 2013, S. 43
[45] Ebd.
[46] Luther, Biographische Skizzen 1869, S. 63; zit. n. Dörner 2010, S. 110
[47] Dieterich 2013, S. 43
[48] Zit. n. Ebd., S. 44
[49] Zit. n. Dörner 2010, S. 110 f.
[50] Zit. n. ebd., S. 111
[51] Malessa 2015, S. 104
[52] Dieterich 2013, S. 51 f.
[53] Mülhaupt, Erwin (Hrsg.): D. Martin Luthers Evangelien-Auslegung, Teil 4: Das Johannes-Evangelium mit Auslage der Passionstexte, Göttingen 1967, S. 167
[54] Zit. n. Mock 1985, S. 85
[55] Dörner 2010, S. 111
[56] So Luther in seiner Schrift „Vom unfreien Willen“ als Antwort auf Erasmus von Rottersdams „Vom freien Willen“, siehe: v. Brandenstein-Zeppelin, Albrecht Graf (Hrsg.): Vom unfreien Willen. Martin Luther in der Auseinandersetzung mit Erasmus von Rotterdam, Weilheim-Bierbronnen 2015
[57] Zit. n. Jakobius 2012, S. 117
[58] Zit. n. Ebd., S. 121
[59] Zit. n. Dieterich 2013, S. 61
[60] Wolff, Uwe (Hrsg.): Iserloh. Der Thesenanschlag fand nicht statt, Fribourg 2013, S. 175 ff.
[61] Ebd.
[62] Zit. n. ebd., S. 176
[64] Zit. n. Dörner 2010, S. 113
[65] Zit. n. ebd.
[66] Ebd., S. 113 f.
[67] Zit. n. Dörner 2010, S. 114
[68] Dieterich 2013, S. 57
[69] Zit. n. Ebd., S. 58
[70] Ebd.
[71] WA 7, 183; DG 162; zit. n. Köpf, Ulrich: Martin Luther. Der Reformator und sein Werk, Stuttgart 2015, S. 92
[72] Dieterich 2013, S. 62
[73] Ebd., S. 63
[74] Ebd., S. 59
[75] Zit. n. Ebd., S. 67
[76] Zit. n. Dörner 2010, S. 115
[77] So Dieterich 2013, S. 69
[78] So auch Malessa 2015, der süffisant persifliert: „Hier stehe ich, es war ganz anders“.
[79] Ebd., S. 92
[80] Dieterich 2013, S. 69
[81] Ebd.
[82] Malessa 2015, S. 96
[83] Zit. n. Dörner 2010, S. 117
[84] Dieterich 2013, S. 75
[85] Malessa 2015, S. 157
[86] Zit. n. ebd., S. 15
[87] Dörner 2010, S. 148
[88] Zit. n. Ebd.
[89] Zit. n. Jakobius 2012, S. 127
[90] Ebd., S. 126
[91] Zit. n. Dieterich 2013, S. 159
[92] Zit. n. Mock 1985, S. 89
[93] Ebd.
[94] Zit.n. Dörner 2010, S. 119
[95] Ebd., S. 119 f.
[96] Ebd., S. 120
[97] Ebd., S. 121
[98] Ebd., S. 122
[99] Dieterich 2013, S. 123
[100] Ebd.
[101] Ebd.
[102] Ebd.
[103] Dörner 2010, S. 123
[104] Ebd., S. 124
[105] Ebd.
[106] Malessa 2015, S. 16
[107] Zit. n. Dörner 2010, S. 137
[108] Ebd.
[109] Malessa 2015., S. 85
[110] Dieterich 2013, S. 90
[111] Zit. n. Ebd., S. 125
[112] Zit. n. Ebd., S. 126
[113] Zit. n. Dörner 2010, S. 128 f.
[114] Malessa 2015, S. 37
[115] Zit. n. ebd
[116] Zit. n. Mock 1985, S. 23
[117] Buchmann, Jakob: Actenmäßige Beiträge zur Kirchenspaltung des sechzehnten Jahrhunderts, Mainz 1842, S. 81 f.; siehe auch Dörner 2010, S. 131
[118] Dieterich 2013, S. 187
[119] Zit. n. ebd. S. 95; überliefert etwa auch in der evangelischen St. Marienkirche zu Göttingen mit dem Zusatz: „DOCTOR MARTINUS LUTHERUS, VIR DEI,ELIAS ULTIMUSa) ET GERMANIAE PROPHETA.VIVIT CHRISTUS. et c(etera)SOLUS LUTHERUS VIVIT IN SCRIPTUS SUIS.“ – „Doktor Martin Luther, Mann Gottes, letzter Elias und Prophet Deutschlands. Christus lebt etc.; nur Luther lebt in seinen Schriften“, siehe: http://www.inschriften.net/goettingen/inschrift/nr/di019-0131.html#content
[120] Zit. n. Mock 1985, S. 95
[121] Zit. n. Jakobius 2012, S. 59
[122] Zit. n. Mock 1985, S. 74
[123] WA 10, 2, 220; Zit. n. Mock 1985, S. 97
[124] https://web.archive.org/web/20070928131722/http://www.reformatio.de/pdf/SCHMAL1.PDF
[125] Ebd.
[126] Mock 1985, S. 67, 83 und 75
[127] Zit. n. Jakobius 2012, S. 51 und Mock 2015, S. 73
[128] Zit. n. Dieterich 2013, S. 143
[129] Zit. n. Jakobius 2013, S. 57
[130] Ebd., S. 72
[131] Zit, n. Malessa, S. 16
[132] Zit. n. Dieterich 2013, S. 183
[133] Zit. n. Jakobius 2013, S. 72
[134] Ebd., S. 62 f.
[135] Zit. n. Dieterich 2013, S. 133
[136] Ebd., S. 190
[137] Zit. n. Malessa 2015
[138] Zit. n. Mock 1985, S. 90 f.
[139] Zit. n. Dörner 2010, S. 133
[140] Ebd.
[141] Ebd., S. 157 f.; ebenfalls zitiert in Janssen, Johannes: Geschichte des deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters, Freiburg 1883, S. 546
[142] Dörner 2010, S. 159
[143] Zit. n. Dieterich 2013, S. 290
[144] Zit. n. Dörner 2010, S. 161
[145] Ebd., S. 162
[146] https://web.archive.org/web/20070928131722/http://www.reformatio.de/pdf/SCHMAL1.PDF
[147] Luthers Predigt vom 6. Mai 1526, WA 16, 551f. 
[148] Hesemann, Michael: Die Dunkelmänner, Augsburg 2007, S. 184
[149] WA T (Tischreden) 5, 5207 , zit. n.  https://www.historicum.net/themen/hexenforschung/akih-eskript/heft-4-2012/artikel/Der_Wechselbalg_Magie_als_konfessionelles_Konstrukt_Abstract/
[150] http://antitheismus.de/archives/9-Martin-Luther-Von-den-Jueden-und-ihren-Luegen.html
[151] Luther, Martin: Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi, Wittenberg 1544, S. 8, siehe http://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/hd/content/pageview/759315
[152] Zit. n. Dörner 2010, S. 162
[153] Zit. n. Dieterich 2013, S. 191
[154] Dörner 2010, S. 163 f.
[155] Sasse, Martin: Martin Luther über die Juden, Freiburg 1938, S.14
[156] Malessa 2015, S. 162
[157] Nämlich Fassmann, Kurt (Hrsg.): Die Großen der Weltgeschichte, Zürich, S. 144
[158] Zit. n. Schmidt-Grave, Horst: Leichenreden und Leichenpredigten Tübinger Professoren (1550-1750), Tübingen 1974, S. 35
[159] Cochläus, Johannes: Über die Machenschaften und Schriften Martin Luthers, Mainz 1548
[160] Malessa 2015, S. 167 f., Dörner 2010, S. 167 f., Majunke, Paul: Luthers Lebensende. Eine historische Untersuchung, Mainz 1891 - http://kath-zdw.ch/maria/texte/luthers.lebensende.htm