Michael Hesemann, Historiker und Autor
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Das Fatima-Jahrhundert

Vortrag von Dr. h.c. Michael Hesemann auf dem Begegnungstag von "Kirche in Not" in Kevelaer, 13. Mai 2017

Eminenz,
Hochwürdige Herren, ehrwürdige Schwestern,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
vor allem: liebe Mitarbeiter, Freunde und Förderer des päpstlichen Hilfswerks „Kirche in Not“,
 
Wir wissen es alle: Vor genau hundert Jahren, vom 13. Mai bis 13. Oktober 1917, erschien die Gottesmutter in Fatima/Portugal den drei Hirtenkindern Lucia, Jacinta und Francisco.
Doch ist uns auch bewusst, dass es sich dabei um den eindrucksvollsten Eingriff Gottes in die Geschichte seit der Zeit des Herrn handelte, wie es der große Papst Pius XII. nannte?

Genau das möchte ich Ihnen heute nachmittag demonstrieren.

Nämlich einmal, weil Ort und Zeitpunkt perfekt gewählt waren und die Handschrift der göttlichen Vorsehung tragen. Genauer gesagt: Es gab keinen Moment in der jüngeren Geschichte, der besser geeignet wäre für einen solchen Eingriff als ausgerechnet das Jahr 1917.

Nehmen wir die beiden Jubiläen, die damals –wie heute auch- begangen wurden.
Da ist einmal der 400. – heute 500.! – Jahrestag der Reformation.

Angeblich schlug Martin Luther am 31.10.1517 seine Ablassthesen an die Tür der Schloss-Kirche zu Wittenberg – ein protestantischer Mythos, wie wir heute wissen; nicht ein einziger zeitgenössischer Bericht, nicht eine einzige Aussage in der umfangreichen Selbstdarstellung des Reformators, erwähnt den Thesenschlag, den Historiker heute für eine posthume Erfindung seines Biografen Melanchthon halten.  Doch nicht seine Kritik, sondern Luthers neue Theologie führte zum Bruch mit der Kirche und zur Aufspaltung Europas: Eine Theologie, die den freien Willen des Menschen verneint, die behauptet, Gott handle durch ihn „gut und böse“. Nicht durch Werke, sondern nur durch Glaube und Gnade allein werde man erlöst. Nur die Schrift habe Gültigkeit, nicht die Tradition der Kirche.  So wurde Millionen fortan der Zugang zur Eucharistie verwehrt, zudem die Marienverehrung bekämpft. Die Autorität der Kirche war erschüttert, obwohl ihr im Konzil von Trient die Reformation, Selbstreinigung und Heiligung gelang.

Weiter wurde 1917 der 200. Gründungstag der ersten Großloge der Freimaurerei begangen.
Am 24. Juni 1717  trafen sich im Hinterzimmer eines Pubs in London die Vertreter vierer alter Freimaurerlogen zur Gründung der „Vereinigten Großloge von London“, der ersten Großloge der Welt.
Seit dem 11. Jahrhundert waren die Bauhütten verschworene Gemeinschaften, die zum Auffangbecken (oder Tarnung) gnostischer und manichäischer Sektierer wurden.

Kurz nach der Gründung in London wurden auch in Deutschland, Frankreich und Italien weitere Großlogen gegründet. Ihr dezidiert antiklerikales Programm führte zum Bann durch Papst Clemens XII. im Jahre 1738, der bis heute Gültigkeit hat. Ihre Rolle bei der Verbreitung aufklärerischer Ideen und der Vorbereitung der amerikanischen und französischen Revolution ist unbestreitbar. Auch die antiklerikale italienische Nationalbewegung war masonisch geprägt (siehe Garibaldi, Cavour etc.). Trotzdem wird der Einfluss der Freimaurer auf historische Ereignisse gerne in den Bereich der Verschwörungshypothesen verdrängt.  
Doch ausgerechnet im vatikanischen Geheimarchiv, in dem ich häufig forsche, entdeckte ich ein Dokument, das uns aufhorchen lässt, ja geradezu alarmiert. Es handelt sich dabei um einen Brief, den Felix Kardinal von Hartmann, Erzbischof von Köln, am 8. November 1918 an den Apostolischen Nuntius Eugenio Pacelli, den späteren Papst Pius XII., schickte. Er enthält nicht weniger als eine Warnung des deutschen Kaisers an die Kirche. Eine Warnung vor den Plänen der Freimaurer. Kardinal von Hartmann entstammte einer alten preussischen Beamtenfamilie, der Kaiser vertraute ihm so sehr, dass er ihn sogar nach Rom schickte, um Papst Benedikt XV. davon abzuhalten, den deutschen Einmarsch in Belgien anzuprangern. Er war die engste Vertrauensperson des Kaisers im deutschen Episkopat und daher ist es nicht erstaunlich, dass Wilhelm II. ihm auch diese brisante Mitteilung zukommen ließ, die Kardinal von Hartmann unverzüglich an Pacelli weiterleitete – handschriftlich, um Vertraulichkeit zu wahren und keine weitere Zeit zu vergeuden. In diesem Brief heißt es wörtlich:
„Se(ine) Majestät der Kaiser läßt mir soeben mittheilen, daß nach ihm gestern zugegangenen Nachrichten der Groß-Orient beschlossen habe, zunächst alle Souveräne, in erster Linie ihn, den Kaiser, abzusetzen, dann die Kathol. Kirche zu vernichten (?), den Papst zu internieren etc. und schließlich eine Weltrepublik unter Führung des amerikanischen Großkapitals auf den Trümmern der bisherigen bürgerlichen Gesellschaft aufzurichten.
Die deutschen Freimaurer seien dem Kaiser treu (was sehr zu bezweifeln ist!) und hätten ihn das wissen lassen.  Auch England wolle die bisherige bürgerliche Ordnung aufrecht erhalten. Frankreich und America aber ständen ganz unter der Herrschaft des Großorients.
Der Bolschewismus solle das äußere Werkzeug sein, die gewünschten Zustände herzustellen. Bei der großen Gefahr, die außer der Monarchie auch der katholischen Kirche drohe, sei es nothwendig, daß der deutsche Episkopat hierüber informiert sei und daß auch der Papst gewarnt werde.“
Zitat Ende.
Wie ernst und dringend die Warnung war, erkennt man daran, dass nur einen Tag später, am 9.11.1918, Kaiser Wilhelm II. von Philipp Scheidemann zur Abdankung gezwungen wurde. Zwei Tage später wurde der selige Kaiser Karl von Österreich abgesetzt und schließlich vertrieben; er starb im Exil auf Madeira. Ein Jahr vorher war bereits der russische Zar Nikolaus II. abgesetzt worden, den die Bolschewiki schließlich ermordeten. Schließlich waren in der Tat, wie in dem Brief angekündigt, alle souveränen Herrscher Europas entmachtet.

Für die Pläne der Freimaurer gegen die katholische Kirche gibt es einen Kronzeugen, einen der größten Heiligen des 20. Jahrhunderts, Maximilian Kolbe. Als dieser als junger Franziskaner 1917 in Rom Theologie studierte, wurde er Zeuge der 200-Jahrfeier der Freimaurer, die in einer satanistischen Prozession zum Petersplatz gipfelte. Die Logenbrüder trugen ein Banner mit der Aufschrift „Satan muss im Vatikan regieren und der Papst sein Sklave sein“, das den Erzengel Michael in den Klauen des Dämons zeigte. Dazu sangen sie die Satanshymne des italienischen Dichters, Freimaurers und Literatur-Nobelpreisträgers Giosué Carducci, in der auch der Reformator aus Wittenberg gewürdigt wurde: „Wie Martin Luther seine Mönchsrobe abwarf, so wirf auch Du, Geist des Menschen, Deine Ketten ab.“ Erschüttert von dem blasphemischen Spektakel beschloss Kolbe, zusammen mit sechs Mitbrüdern, gegen den „Kampfbund Satans“, wie er die Freimaurerei nannte, eine marianische Ritterschaft ins Leben zu rufen.

„Der Bolschewismus solle das äußere Werkzeug sein, die gewünschten Zustände herzustellen“, betont Kardinal von Hartmann in seinem Brief. Das wurde nirgendwo so deutlich wie in Russland, für das 1917 zum Jahr der beiden Revolutionen geworden war.
Mit der Februarrevolution 1917 und der Abdankung des Zaren kam Russland zunächst unter sozialdemokratische Herrschaft. Alle Mitglieder der Regierung  mit einer Ausnahme waren Freimaurer. Sie ordneten die Verhaftung des Zaren an. Im April organisierte der deutsch-russische Freimaurer Alexander Parvus die Reise des Bolschewistenführers  Vladmir Iljitsch Lenin in einem verplombten Eisenbahnwaggon von Zürich nach St. Petersburg, unterstützt mit deutschem Geld. Man hoffte, damit den Kriegsgegner Russland vollends zu destabilisieren. Lenin bereitete die gewaltsame Machtergreifung  der Bolschewisten vor, die  am 7.11.1917 (25.10. jul.) begann.
Am 20. Januar 1918 erklärte der Oberste Sowjet »die Trennung von Staat und Kirche, die Konfiszierung der Besitztümer der Kirche und die Aufhebung ihrer Rechte«. Sakralgegenstände wurden beschlagnahmt, Priester, die sich weigerten, sie herauszugeben, ermordet. Im November 1919 richtete der Moskauer Patriarch Tikhon einen verzweifelten Hilferuf nach Europa: »Bischöfe, Priester, Mönche und Nonnen wurden en masse hingerichtet, unter dem vagen Vorwurf der ›Konterrevolution‹. Selbst der Empfang der letzten Sakramente wird ihnen verweigert, und ihren Verwandten wird untersagt, ihnen ein christliches Begräbnis zu geben.«
Allein im Jahre 1922 kam es zu 1414 blutigen Zusammenstößen zwischen den Gläubigen und den roten Truppen, 28 Bischöfe und über 8100 Priester wurden erschossen. »Das ist die beste Zeit, um der ganzen Brut eine Lektion zu erteilen, damit sie in den nächsten Jahren nicht einmal daran denkt, Widerstand zu leisten«, meinte Lenin zynisch. »Wir müssen so viele Vertreter der reaktionären Bourgeoisie und des reaktionären Klerus wie möglich verhaften.« Bis 1923 wurden über 18.000 Geistliche ermordet.
Auf den Tod Lenins 1924 folgte der unaufhaltsame Aufstieg Joseph Stalins, der in fünf Jahren seine Rivalen ausspielte und 1929 vom Fünften Sowjetkongress zum Alleinherrscher ernannt wurde. Tausende Stalin-kritischer Funktionäre fielen der »großen Reinigung der Partei« zum Opfer und wurden hingerichtet. 1925 wurde die »Union der Militanten Gottlosen« gegründet, deren einziges Ziel die Verbreitung des Atheismus und der Kampf gegen die Religion war. Fortan verwüstete die »Union« Hunderte von Kirchen, zerstörte alte Ikonen und Reliquien und machte sich mit unvorstellbarer Brutalität über den ohnehin schon reduzierten und eingeschüchterten Klerus her.
Für jene, die seinen Plänen im Wege standen, ließ Stalin riesige Arbeitslager in Sibirien errichten, in denen die Verurteilten zu Zigtausenden an Erfrierungen, Unterernährung oder grassierenden Seuchen starben.
Am 15. Mai 1932 verabschiedete Stalin einen »Fünfjahresplan gegen die Religion«. Bis zum 1. Mai 1937 sollte »die Vorstellung, dass es einen Gott gäbe«, vollständig aus dem öffentlichen Leben verbannt werden.

Doch erlauben Sie mir, noch an einen weiteren Aspekt zu erinnern:
Denn 1917 wurde auch zum Schlüsseljahr für den Nahen Osten. Am 2. November 1917 hatte Großbritannien mit der Balfour-Deklaration die Gründung eines jüdischen Staates in Palästina beschlossen, am 9. Dezember 1917 fiel Jerusalem an die Briten. Damit begann die Neu(un)ordnung der Region, die Schaffung rivalisierender arabischer Staaten, letztlich auch der Dauerkonflikt mit Israel, mit Auswirkungen bis in unsere Zeit.

1917 war also in mehrfacher Hinsicht DAS Schlüsseljahr des 20. Jahrhunderts:

- durch den Kriegseintritt der USA am 6. April 1917 wurde der Krieg zum Ersten Weltkrieg, die Niederlage der Achsenmächte besiegelt;
- damit wurden die freimaurerisch geprägten USA zur Weltmacht.
- durch die Oktoberrevolution begann der Siegeszug des atheistischen Bolschewismus, der bis 1991 andauerte, und der Aufstieg der UdSSR zur zweiten Weltmacht;
- beide Weltmächte nahmen fortan Europa in die Zange und teilten es 28 Jahre später unter sich auf;
- mit der Absetzung des Zaren begann die Umwandlung Europas und der politische Siegeszug der Freimaurerei;
- und mit der Befreiung Palästinas begann die Neuordnung des Nahen Ostens und das Wiedererstarken der Araber und damit der islamischen Welt.

Warum aber erschien Maria 1917 ausgerechnet in Portugal?

Am 1. Februar 1908 hatten zwei Republikaner den portugiesischen König und seinen Sohn und Thronfolger ermordet. Sein Nachfolger wurde der 18-jährige, viel zu nachgiebige Emanuel. In der Nacht des 3. Oktober 1910 stürmten Mitglieder der republikanischen-freimaurerischen »Carbonari« die Kaserne einer Eliteeinheit, deren gesamtes Waffenlager in ihre Hände fiel. Nach einer blutigen Nacht wurde am 5. Oktober  die Republik ausgerufen. Eine provisorische Regierung, bestehend aus Freimaurern, übernahm die Macht, die königliche Familie floh. Das erste Ziel der Republikaner war die völlige Entmachtung des Klerus.
Schon nach drei Tagen setzte die Revolutionsregierung die »Gesetze von Pombal«, deren Ziel die Unterdrückung der religiösen Orden gewesen war, wieder in Kraft. Am 18. Oktober wurde der religiöse Eid vor Gericht abgeschafft, am 25. Oktober der traditionelle Eid für Professoren und Studenten, der sie verpflichtete, das Dogma der Unbefleckten Empfängnis zu verteidigen. Drei Tage später wurden sämtliche kirchlichen Feiertage aufgehoben. Zu Weihnachten wurde die Ehe zu einem rein zivilen Vertrag erklärt, zu Silvester der Religionsunterricht und das Tragen von Priesterkleidung in der Öffentlichkeit verboten. Mit dem »Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat« vom 20. April 1911 hatte die antiklerikale Revolution ihr Endziel erreicht: Der Kirche wurden Unsummen Geldes abgefordert, Kirchen und Klöster in Kasernen, Ställe und Regierungsgebäude  umgewandelt. Die Tage des portugiesischen Katholizismus seien gezählt, frohlockte man in Kreisen der Revolutionsregierung.
 »In einigen wenigen Jahren wird es in Portugal keinen einzigen Menschen mehr geben, der den Wunsch hat, Priester zu werden«, erklärte triumphierend der Großmeister der portugiesischen Freimaurer, Magalhaes Lima, und Justizminister Alfonso Costa glaubte, dass »die katholische Religion innerhalb von zwei Generationen in Portugal ausgemerzt“ sein würde. Das kleine Land im äußersten Westen Europas war damit zu einer Art Versuchslabor der Logenbrüder geworden für das, was sie mit dem gesamten europäischen Kontinent planten, wenn wir dem Kardinal-von-Hartmann-Dokument glauben wollen. Doch sie hatten bekanntlich die Rechnung ohne die Gottesmutter gemacht.

Warum aber Fatima? 

Auch das ist eine interessante Geschichte. 
Seit 712 war die iberische Halbinsel von den  muslimischen Mauren besetzt. Allmählich wurde das Land von mutigen christlichen Rittern zurückerobert (Reconquista). Am 24. Juni 1158 zog eine Gruppe von Arabern aus der Provinzhauptstadt Al-Kazar mit ihren Damen zu einem Picknick an die Ufer des Flusses Sado, als sie von der Horde des christlichen Ritters  und Widerstandskämpfers Goncalo Hermingues überfallen wurden. Die meisten Araber wurden getötet, die Überlebenden und die Frauen nach Santarem gebracht, wo Portugals erster König Afonso Henriques residierte. Man plante, sie als Geiseln gegen christliche Gefangene auszutauschen.
Der König beglückwünschte Don Goncalo zu der kühnen Tat und fragte ihn, welche Belohnung er wünsche. Hermingues erbat die Hand von Fatima, der schönsten der gefangen genommenen Maurinnen und Tochter des Fürsten von Al-Kasar, die nach der Lieblingstochter ihres »Propheten« benannt war. Sie hatte sich bereits in den mutigen Ritter verliebt und war bereit, sich christlich taufen zu lassen und den Namen Oureana anzunehmen.
Als Hochzeitsgeschenk erhielt das junge Paar ein Dorf, das Don Goncalo in »Oureana« umbenannte – das heutige Ourem. Leider starb die schöne Maurentochter jung. Ihr Ehemann suchte Trost im Kloster und der Abt erlaubte ihm, seine Frau in einer kleinen Kirche beizusetzen. Fortan erhielt das Dorf, in dem die Kirche stand, den Namen Fatima.

Der Name Fatima verweist aber nicht nur auf die konvertierte Maurentochter, sondern klingt schon wie eine versteckte Botschaft, ja eine regelrechte Einladung zur Konversion an den Islam.
Fatima ist die Tochter von Muhammad und seiner ersten Frau Chadidscha. Sie wird von den Moslems höher verehrt als jede andere Frau, gilt als „beste aller Frauen“, ja gar als „Mutter aller Frauen der Welten“. Im Qur’an ist ihr die Sure 108, „die Überfülle des Guten“, gewidmet.
Schon von ihrer Geburt wird Wunderbares berichtet. 40 Tage lang, so heißt es, habe sich Muhammad durch Fasten auf ihre Zeugung vorbereitet. Weil ihre Mutter Chadidscha bereits 48 Jahre alt war, war die Geburt nicht unproblematisch und wurde als Wunder betrachtet. Ihre Freundinnen und Stammesgenossinnen hätten sich geweigert, ihr beizustehen, und so heißt es, „Engel und Frauen aus paradiesischen Sphären“ seien herabgekommen und hätten ihr bei der Geburt geholfen – darunter auch Maria, die Mutter Jesu, die im Islam als eine der vier heiligsten Frauen der Geschichte betrachtet wird.
Allah selbst habe ihren Namen bestimmt und Muhammad erklärt, dass dieser bedeute, „sie und ihre Anhänger seien vom Bösen und von der Hölle ferngehalten.“ Zudem gilt sie als erste Frau, die ins Paradies kommt. Auf Fatima kann sich also der gläubige Moslem verlassen, fast schon wie wir Christen Maria als Fürsprecherin anrufen. Sie weist den Weg in den Himmel.

Doch selbst die Cova da Iria, die Mulde der heiligen Irene, jenes natürliche Amphitheater, in dem die Gottesmutter den Seherkindern erschien, war nicht zufällig gewählt. Hier hatten sich ausgerechnet am 13. August  1385 die Truppe des Ritters und Mystikers Dom Nuno Alvares Pereira versammelt, der als Portugals „Jean d’Arc“ gilt. Er glaubte fest daran, in göttlichem Auftrag zu handeln und war ein glühender Verehrer der Gottesmutter, die schon 1142 zur „Beschützerin und Mutter aller Portugiesen“ erklärt worden war. Verzweifelt hatte er an König Dom Joao appelliert, mit ihm gemeinsam gegen die anrückenden Truppen Kastiliens zu ziehen, das Portugals Unabhängigkeit bedrohte. Der König zögerte angesichts der gewaltigen kastilischen Übermacht. Erst in letzter Minute, an eben jenem 13. August, als Dom Nunos Truppe sich bereits mit dem Bild der Gottesmutter auf ihrer Standarte in der Cova da Iria versammelt hatte, kam er hinzu. Gemeinsam riefen die jetzt vereinten portugiesischen Truppen die Heilige Jungfrau um ihren Schutz und Segen an. Der König gelobte, ein Kloster zu ihren Ehren zu bauen, sollte sie ihm den Sieg gewähren. In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages, des 14. August, führten König Joao (oder Johann) I. und Dom Nuno ihr Heer von Fatima aus in die Schlacht von Aljubarrota und errangen einen der glorreichsten Siege der portugiesischen Geschichte, einen Sieg, der für die nächsten zwei Jahrhunderte die Unabhängigkeit des Landes sicherte und den Papst Bonifaz IX. aufgrund der gewaltigen Übermacht der Spanier in seiner Bulle vom Februar 1391 als »ein Wunder« bezeichnete.

Wir haben also festgestellt, dass weder cheiros noch topos, weder Zeitpunkt noch Ort der Erscheinungen von Fatima zufällig war. Hinter all dem steckt ein intelligentes Design, spricht die göttliche Vorsehung in deutlicher Sprache zu uns. Diese höhere Planung mit deutlicher Symbolkraft ging weit über die schiere Vorstellungskraft der drei Seherkinder Lucia, Jacinta und Francisco hinaus, die, gerade 7, 8 und 10 Jahre alt, weder lesen noch schreiben konnten und so ungebildet waren, dass sie, als die Gottesmutter von „Russia, das seine Irrtümer verbreitet“ sprach, an eine sündige Frau dachten, die bekehrt werden müsse. Die Tatsache allein, dass Maria ihnen in groben Zügen die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts in ihrem geopolitischen Kontext offenbarte, was doch weit über ihre Vorstellungskraft hinaus ging, beweist, dass die Botschaft von Fatima tatsächlich vom Himmel stammt und nicht etwa ihrer Phantasie entsprang. Doch gerade das machte diese „Armen im Geiste“ zu den perfekten, reinen Instrumenten, denen die Gottesmutter nicht weniger anvertraute als den Schlüssel um die Geschichte der Menschheit zu verändern.

Dieser Schlüssel aber besteht aus drei Elementen: Gebet, Sühne, Weihe! In ihrer Botschaft vom 13. Juli 1917 machte die Gottesmutter von Fatima sehr deutlich, dass alle Kriege und Katastrophen die Folgen unserer Sünden sind: "Wenn man aber nicht aufhört, Gott zu beleidigen" würde ein neuer Krieg ausbrechen und „Verfolgung der Kirche und des Heiligen Vaters“ mit sich bringen. „Um das zu verhüten, werde ich kommen, um die Weihe Russlands an mein Unbeflecktes Herz … zu verlangen. Wenn man auf meine Wünsche hört, wird Russland sich bekehren und es wird Friede sein; Wenn nicht, wird es seine Irrlehren über die Welt verbreiten, wird Kriege und Kirchenverfolgungen heraufbeschwören“. Das bedeutet, dass Gott in Seiner Barmherzigkeit das Schicksal der Welt in unsere Hände gelegt hat. Und tatsächlich kam es, wie es vorhergesagt wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg lebte die Menschheit weiter, als ob Gott nicht existieren würde, sie hörte nicht auf, ihn zu beleidigen. In Russland, Spanien und Mexiko verursachte der Bolschewismus schwerste Verfolgungen der Kirche. Dann brach der Zweite Weltkrieg aus - wie von der Gottesmutter von Fatima vorhergesagt „wenn eine Nacht von einem unbekannten Licht erhellt wird“, nämlich einer Aurora borealis von historischen Ausmaßen am 25. Januar 1938, die bis in den Mittelmeerraum sichtbar war, "unter dem Pontifikat von Pius XI", was sich offensichtlich auf Hitlers Einmarsch in Österreicher nur sechs Wochen nach dem Nordlicht bezieht. Mitten in diesem Krieg, am 31. Oktober 1942, weihte Papst Pius XII. in seiner Radio-Botschaft an das portugiesische Volk in der Tat Russland und die Welt ihrem Unbefleckten Herzen, obwohl nicht, wie ausdrücklich von der Gottesmutter am 13. Juni 1929 - - im Jahr der Machtergreifung Stalins! – erbeten, „zusammen mit allen Bischöfen der Welt“. Doch die erste Weihe blieb trotzdem nicht wirkungslos, ja es folgte ein Wunder. Innerhalb von drei Tagen begann die Schlacht von el-Alamein und erwies sich als die erste Niederlage von Hitlers bislang siegreicher Armee im Zweiten Weltkrieg. Wie Winston Churchill sagte: "Vor Alamein hatten wir nie einen Sieg, nach Alamein hatten wir nie eine Niederlage." Die Schlacht von Stalingrad begann drei Wochen später. Der Krieg beendete die Phase der schwersten Verfolgung der Kirche in Russland, aber nicht den Kommunismus. Erst am 25. März 1984, nachdem er das Attentat auf dem Petersplatz am 13. Mai 1981, dem 74. Jahrestag der ersten Erscheinung, überlebt hatte, weihte Papst Johannes Paul II. Russland und die Welt zusammen mit allen Bischöfen an das Unbefleckte Herz Mariens, ganz wie die Gottesmutter es verlangt hatte. Zu dieser Zeit war nur eines der drei Hirtenkinder von Fatima, Lucia, noch am Leben; sie starb erst 2005, mit 97 Jahren. Sie war zunächst in den Orden der Dorotheenschwestern, dann, 1948, in den Karmel von Coimbra eingetreten und hatte über die Jahrzehnte hinweg immer wieder Visionen und Botschaften der Gottesmutter empfangen. Sie glaubte, auf der Grundlage dieser Botschaften, dass der Dritte Weltkrieg, ein verheerender Atomkrieg, im Jahr 1985 ausgebrochen wäre, wenn die Bitte der Gottesmutter nicht zuvor erfüllt worden wäre.

Doch der Atomkrieg, den Lucia schon 1944 in einer Vision unmittelbar vor der Niederschrift des Dritten Geheimnisses gesehen hatte, blieb aus. Stattdessen kam 1985, innerhalb eines Jahres nach der Weihe, Michail Gorbatschow an die Macht und begann seine Perestroika. 1988 wurden der Kirche in Russlands erstmals wieder umfangreiche Rechte eingeräumt,  1991, nach dem Putsch ausgerechnet am Fatima-Jahrestag, dem 19. August, brach die kommunistische Sowjetunion zusammen. Die Rolle, die Pater Werenfried van Straaten und Kirche in Not dabei spielten, inspiriert von der Botschaft von Fatima, ist historisch. Ein Radiosender, der eingeschmuggelt worden war, um ein christliches Radioprogramm für Russland aufzubauen, diente Boris Jelzin um die Bevölkerung zum Widerstand gegen die Putschisten aufzurufen. Am 22. August war der Putsch niedergeschlagen – also am Festtag Mariä Königin, der bis 1969 als „Fest des Unbefleckten Herzens Mariens“ gefeiert wurde. Das wies auf die Prophezeiung hin, in Russland würde „mein Unbeflecktes Herz triumphieren“!

Am 13. Oktober 1991 konnten, mit persönlicher Erlaubnis Boris Jelzins, 40 Millionen Russen die Übertragung der Feierlichkeiten in Fatima live am Radio verfolgen, bevor Pater Werenfried sich mit einer Botschaft an das russische Volk wendete, es als „Kinder Mariens“ zum Gebet für die Bekehrung und Versöhnung aufrief.
Was folgte, war das größte Wunder unserer Zeit. Das atheistische, materialistische Sowjetrussland bekehrte sich und wurde wieder orthodox!
Die Fakten dazu sind beeindruckend. So erklärte Metropolit Hilarion Alfejew, der Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats und Gast von „Kirche in Not“ auf der vorletzten Konferenz in Würzburg:
 „Wir haben in einem Zeitraum von nur 28 Jahren 29.000 Kirchen neu eröffnet. Das sind mehr als 1000 Kirchen im Jahr oder drei pro Tag. […] Früher gab es drei theologische Seminare oder Akademien, heute sind es mehr als fünfzig… ich kenne kein Beispiel für das, was bei uns geschieht, in der gesamten Menschheitsgeschichte.“
1989 unterstanden dem Moskauer Patriarchat 3451 Gemeinden, 2012 sind es 30.142. Die Zahl der Diözesen stieg von 38 auf 160, die Zahl der Klöster von 15 auf 788, die der theologischen Lehrstühle von 5 auf 200. Seminare und Klöster platzen aus allen Nähten wegen der vielen Berufungen. Die Zahl der Gläubigen verdoppelte sich von unter 50 Mio (1990) auf über 113 Mio  (2012). Heute bezeichnen sich 82 % der Russen als  „orthodoxe Christen“. Der russische Staat wendet jedes Jahr etatmäßig 100 Mio Dollar für den Bau und die Restauration von Kirchengebäuden auf, übrigens auch von katholischen Kirchen wie der Mariä-Heimsuchungs-Kirche in St. Petersburg, die von den Steyler Missionaren betreut wird. Ausgerechnet am 19. August 2000, dem 83. Jahrestag der vierten Erscheinung von Fatima, wurde in Moskau die neu errichtete Christus Erlöserkathedrale eingeweiht, die Stalin einst sprengen ließ, um an ihrer Stelle einen gigantomanischen „Palast der Sowjets“ als höchstes Haus der Welt – einen wahrhaft babylonischen Turm - zu bauen, was freilich nie gelang, angeblich, weil das Gelände zu sumpfig war.

Ich kann diese unvorstellbare Bekehrung nur bestätigen, seit ich im vergangenen Jahr St. Petersburg und Moskau besuchte. Ich hörte orthodoxe Gesänge direkt am Roten Platz. Die von Stalin zerstörte Kathedrale Unserer Lieben Frau von Kasan war in den 1990er Jahren wieder aufgebaut worden und überträgt heute  alle Liturgien und Gebete fünf Mal an Tag mit Lautsprechern direkt auf den Roten Platz. Man hört sie noch am Mausoleum von Lenin, der sich bestimmt fünf Mal am Tag in seinem Grabe umdreht. Es ist, als würde ihm der Teufel ausgetrieben!

Ich weiß, dass diese Bestandsaufnahme der Bekehrung Russlands hierzulande oft auf skeptische Ohren trifft. Tatsächlich wird unter den Fatima-Gläubigen seit 1984 heftig diskutiert, ob Russland denn nun tatsächlich gültig geweiht wurde, was mit der versprochenen Bekehrung gemeint sei und warum wir noch immer auf den Triumph des Unbefleckten Herzens Mariens und den Weltfrieden warten. Doch ich bitte um Verständnis, dass ich in all diesen Fragen nur eine einzige Autorität gelten lasse, nämlich Schwester Lucia, die Seherin von Fatima, die, wie gesagt, bis 2005 lebte und auch im Karmel von Coimbra noch weitere Offenbarungen hatte. Sie war keineswegs so isoliert, wie es schien: Sie empfing regelmäßig Familienangehörige und Dutzende Kardinäle, für die der engagierte Kanada-Portugiese Carlos Evaristo übersetzte und ein Gespräch sogar filmte. Auch Pater Werenfried van Straaten traf sie 1992. Sie schrieb tausende Briefe auf ihrer geliebten Schreibmaschine, sie führte ein geistliches Tagebuch und arbeitete an einem leider unvollendeten Buch über die Botschaft von Fatima. Als ihr Seligsprechungsprozess im Februar  2017 auf Diözesanebene abgeschlossen war, ging eine Positio samt Dokumentenanhang von über 15.000 Seiten an den Vatikan. In einer Reihe dieser Dokumente erklärte Schwester Lucia immer wieder, dass die 1984 durchgeführte Weihe gültig und vom Himmel akzeptiert war und dass sich Russland bekehrt habe, ganz wie es die Gottesmutter versprochen hatte. Dabei betonte sie, dass mit „Bekehrung“ eine Abkehr vom Kommunismus, nicht etwa eine Konversion zur römisch-katholischen Kirche gemeint war. Weiter habe die Gottesmutter lediglich versprochen, dass der drohende Weltkrieg mit dem Kommunismus ausbliebe; auf Bürgerkriege habe sie sich nicht bezogen. Zudem sprach Maria nur von einer durchaus begrenzten „Zeit des Friedens“, der, mal von den Bürgerkriegen auf dem Balkan und in der Ostukraine abgesehen, in Europa jetzt schon ganze 33 Jahre andauert. Und sie betonte, dass die vorausgesagten Ereignisse keineswegs unmittelbar aufeinander folgen mussten, wörtlich: „In der Woche von Fatima“ befänden wir uns gerade (damals, 1993) am dritten, heute vielleicht am vierten Tag. „Der Triumph (des Unbefleckten Herzens) ist ein kontinuierlicher Prozess. Fatima hat erst begonnen.“

Doch statt Gott für das größte Wunder unserer Zeit, die Bekehrung einer ganzen Großmacht, zu danken, mäkeln wir an Seinem Geschenk herum. Es stimmt, dass Russland keine westliche Demokratie ist. Aber was sagt uns, dass unsere Lebensform, unser Staatsmodell, unsere Werte das non plus ultra sind? Jahrzehntelang haben wir für die Bekehrung Russlands gebetet. Aber die Bekehrung wozu? Zum Materialismus des Westens, zu einer pluralistischen Gesellschaft mit ihrem Werterelativismus, zu Hedonismus und Homo-„Ehe“? Oder zum Christentum? Ganz ehrlich: Ich bewundere das russische Volk für seine Rückkehr zum Glauben seiner Väter, während zeitgleich hier im Westen der Glaube zu verdunsten droht, Hedonismus und Relativismus regieren. Und ich erinnere daran, dass die Botschaft von Fatima eine ganz deutliche Warnung beinhaltet: Wenn sich die Menschen von Gott abkehren, wenn sie fortfahren, ihn zu beleidigen, wird es weitere Kriege und Katastrophen geben, wenn auch die Ursachen andere sein werden.

Darum ist Fatima gerade heute, wo der Weltfrieden so fragil ist wie nie zuvor in den letzten 33 Jahren, aktueller denn je. Ich erinnere da besonders an das sogenannte „Dritte Geheimnis“, das erst im Jahr 2000 auf Anweisung von Papst Johannes Paul II. durch den damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger, veröffentlicht wurde. Diese Vision beschreibt eine Prozession von Gläubigen, angeführt von einem „Bischof in Weiß“, dem Papst, durch eine zerstörte Stadt, vorbei an unzähligen Toten. Sie führt auf einen steilen Berg, gekrönt von einem Kreuz. Als sie den Gipfel erreicht, erscheinen Soldaten, die das Feuer eröffnen und mit Kugeln und Pfeilen den Papst und die ihm folgenden Gläubigen ermorden. Im Jahr 2000 glaubte Kardinal Ratzinger, es handle sich um ein Symbol für die Verfolgungen der Kirche im 20. Jahrhundert, gipfelnd in dem Attentat auf Johannes Paul II., das dieser nur Dank der „mano materna“, der mütterlichen Hand Mariens überlebte. Doch schon ein Jahr später, nach dem 11. September 2001, war man sich nicht mehr so sicher, ob sich die Vision tatsächlich auf die Vergangenheit oder doch auf die Zukunft bezog. Nur ein Jahr später erklärte der slowakische Bischof Pavlo Hlinica, einer der engsten Freunde Johannes Pauls II. und sein Berater „in Sachen Fatima“; „Der Heilige Vater veröffentlichte das ‚Dritte Geheimnis‘ nicht, um unsere Neugier zu befriedigen, sondern um uns vor der Gefahr einer gigantischen Christenverfolgung zu warnen, die nur durch unsere Mitwirkung verhindert werden kann. Er wollte uns aus dem Schlaf aufwecken.“ Auch Papst Benedikt XVI. räumte bei seinem Besuch in Fatima heute vor sieben Jahren ein, dass es durchaus auch „Realitäten der Zukunft der Kirche aufgezeigt, die sich nach und nach entfalten und zeigen.“ Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen und einer der brillantesten Köpfe der römischen Kurie, stellte auf einer Fatima-Konferenz in Einsiedeln 2013 deutlich fest: „Im dritten Teil des Geheimnisses von Fatima wird vielmehr in äußerst realistischer Weise gesehen, dass die Kirche einer Zeit von Verfolgungen und Zerstörungen entgegengehen und der Weg der Kirche ein Kreuzweg sein wird.“

Die Verfolgung der Christen ist heute dramatischer denn je, seit der "islamische Staat" offen den Krieg gegen das "Volk des Kreuzes" und "Rom" erklärte. Russland hat sich bekehrt, aber leider nicht die ganze Menschheit. Große Teile des Westens verloren ihren Glauben, beflecken sich mit dem Blut des ungeborenen Lebens durch das himmelschreiende Verbrechen der  Abtreibung und folgen antichristlichen Ideologien wie der "Gender-Doktrin". Deshalb gilt die Warnung der Gottesmutter vor den Folgen unseres gottlosen Handelns noch heute. Oder, wie es unser großer und geliebter Papst Benedikt am 13. Mai 2010 erklärte:
„Wer glaubt, dass die prophetische Mission Fatimas beendet sei, der irrt sich.“

Was aber ist nun die Botschaft von Fatima?

Fatima widerlegt die größte Lüge unserer Zeit, die Einbildung, dass Gott nicht existiere. Diese verleitet uns dazu, Seine Gesetze zu ignorieren und zu leben, als ob es weder Gut noch Böse, weder richtig noch falsch gäbe.  Tatsächlich griff Er ausgerechnet im Schlüsseljahr des 20. Jahrhunderts so eindrucksvoll in die Geschichte ein, um den Irrweg, den wir eingeschlagen haben, liebevoll zu korrigieren, ohne unseren freien Willen infrage zu stellen: Fatima ist ein Angebot der Barmherzigkeit Gottes an uns alle!

„Die Madonna, die in Fatima erschienen ist, ruft uns diese vergessenen Werte ins Gedächtnis. Das Wirken Gottes, des Herrn der Geschichte, und die Mitverantwortung des Menschen in seiner dramatischen und fruchtbaren Freiheit sind die beiden Stützen, auf denen die Geschichte der Menschheit gebaut ist“, erklärte Tarcisio Kardinal Bertone nach einem halben Dutzend Begegnungen mit Schwester Lucia im Auftrag des hl. Papstes Johannes Paul II. 2002.

Dass ausgerechnet jene Generation, die Zeugin eines der größten Wunders der Geschichte, der Bekehrung Russlands, wurde, dieses Geschenk ignorierte, kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Wir erwarten das Geschenk des Friedens, ohne dem Schenkenden zu danken, ja ihn in unserer Mitte haben zu wollen.
Was aber wollte die Gottesmutter in Fatima von uns? Lassen wir sie selbst zu Worte kommen:
Ich bin gekommen, damit sich die Menschen bessern und um Verzeihung ihrer Sünden bitten. Man soll Gott unseren Herrn nicht mehr beleidigen, der schon so sehr beleidigt worden ist. Betet täglich den Rosenkranz, um den Frieden der Welt … zu erlangen.      

Er ist die stärkste Waffe unserer Zeit. Mehr als den Rosenkranz  brauchen wir nicht, um den Frieden zu erlangen und die Feinde des Glaubens, den Drachen der Apokalypse, mit Maria gemeinsam zu besiegen – gleich ob er in Gestalt der Freimaurerei, des Bolschewismus oder des Islamismus gegen die Kirche Christi kämpft.
Das historische Beispiel der Schlacht von Lepanto im Jahre 1571, als die ganze Christenheit, von Papst Pius V. dazu aufgefordert, den Rosenkranz betete, sollte uns auch heute noch inspirieren: damals besiegte eine völlig unterlegene christliche Flotte die große Übermacht der Osmanen, weil wie durch ein Wunder der Wind drehte.
Mit einem »Rosenkranz-Sühnekreuzzug« wurden 1955 die kommunistischen Russen aus Österreich »herausgebetet«.
Auch das gemeinsame Rosenkranzgebet am 7. September 2013, zu dem Papst Franziskus die Christenheit eingeladen hatte, könnte verhindert haben, dass der Syrien-Konflikt zu einem Dritten Weltkrieg eskalierte.
Doch Fatima hat auch eine besondere Botschaft an uns Deutsche, die hier und heute – wir feiern bekanntlich auch 375 Jahre Kevelaer-Wallfahrt und gerade heute 100 Jahre Patrona Bavariae – zur Sprache kommen sollte. Das hat keiner so gut erkannt wie Pater Werenfried van Straaten.
Am 19. März 1940, mitten im 2. Weltkrieg also, schrieb Schwester Lucia ihrem Beichtvater Jose Bernardo Goncalves: „Während ich einige Stunden vor dem ausgesetzten Allerheiligsten verbrachte, betete ich in besonderen Anliegen und ganz besonders für Deutschland. Da geschah es in einigen Momenten inniger Vereinigung, dass ich in meiner Seele spürte und hörte: ‚Deutschland wird zu meiner Herde zurückkehren, aber dieser Moment nähert sich sehr langsam. Er nähert sich – das ist sicher – aber langsam, sehr langsam.“
Nach dem Krieg bestand erste Hoffnung, als ein Fatima-Freund, Konrad Adenauer, sogar Mitglied der „Blauen Armee von Fatima“, die Bundesrepublik aus den Irrlehren und Verbrechen des NS-Regimes herausführte, vor dem Kommunismus bewahrte und die Grundlagen für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, damals noch unter dezidiert christlichen Vorzeichen, legte. Doch schon die heftige Reaktion auf die angeblichen Marienerscheinungen von Heroldsbach 1949-1952, mit eigenem Sonnenwunder, Massenvisionen und prophetischer Warnung vor einem Einmarsch der Russen, zeigte, wie feindselig selbst Teile des Klerus der marianischen Frömmigkeit gegenüber eingestellt waren. Auch heute wird in Deutschland lieber eine Scheidung – nämlich 500 Jahre Reformation – gefeiert als 100 Jahre Fatima, 100 Jahre Patrona Bavariae oder 375 Jahre Kevelaer-Wallfahrt.

Anders Pater Werenfried. Er hatte 1942, im Jahr der ersten Weltweihe, als Ordensmann in Tongerlo von Fatima erfahren und den Ruf Mariens, „Helft mir, meine Kinder zu retten“, gehört. 10 Jahre später, 35 Jahre nach den Erscheinungen von Fatima, gründete er „Kirche in Not“, dessen erstes Ziel als „Ostpriesterhilfe“ die Sorge um die verfolgte Kirche in den kommunistischen Staaten war. Dieses Werk wurde im Fatima-Jubiläumsjahr 1967 offiziell der Gottesmutter geweiht. So war Pater Werenfried zeitlebens ein Missionar der Botschaft von Fatima, der zum regelmäßigen Rosenkranzgebet und zur Verehrung der Gottesmutter aufrief, die er so innig liebte. Möge dieses Fatima-Jubiläum dazu beitragen, dass Deutschland die Botschaft der Gottesmutter, der wir immerhin die Wiedervereinigung unseres Heimatlandes verdanken, wieder neu entdeckt. Das, so denke ich, wäre auch Pater Werenfrieds innigster Wunsch gewesen.

Was wir alle zu tun haben, hat uns Papst Franziskus erklärt, der vielleicht als dritter Fatima-Papst in die Geschichte eingeht: nach Pius XII., der am 13. Mai 1917 von Benedikt XV. zum Bischof geweiht worden war und die erste Weihe vornahm und Johannes Paul II., der am 13. Mai 1981 das Attentat überlebte und die Welt und Russland endgültig weihte. Immerhin wurde Franziskus an einem Fatima-Tag, dem 13. März 2013, gewählt, weihte am 13. Mai 2013 sein Pontifikat der Gottesmutter von Fatima und ließ ihr Gnadenbild am 13. Oktober 2013 nach Rom einfliegen. Heute früh hat er in Fatima Jacinta und Francisco heiliggesprochen. „Ich reise nach Fatima, um der heiligen Jungfrau das irdische und jenseitige Schicksal der Menschheit anzuvertrauen“, hatte er am letzten Mittwoch noch in Rom erklärt. Am letzten Sonntag aber, während des Regina Coeli-Gebets, rief er uns auf, jeden Tag den Rosenkranz für den Frieden zu beten, ganz wie es die Gottesmutter in Fatima empfohlen hatte.

Er weiß, wie groß die Gefahr für uns alle ist und damit der Ruf aus Fatima nach Gebet, Buße und Bekehrung heute aktueller denn je.